Sokratische Lehren

Von Horst Lachmund

Der Sokrates und die Xanthippe
Sie waren ein gar ungleich Paar
Und niemand nahm sie auf die Schippe
Warum? Weil's Paar so ungleich war
Sehr viele hielten die Xanthippe
Für ein recht garstig, zänkisch' Weib
Kurzum für eine wilde Hippe
Bedrohlich gar, selbst für den Leib

Doch Sokrates, der alte Knabe
Nahm alles mit Gelassenheit
Ertrug des Weibes bös' Gehabe
Denn er war gegen Streit gefeit
Ließ die Xanthippe lauthals toben
Vertiefte sich in dies und das
Er dachte: Mensch ist die verschroben
Und doch: was hab' ich mit ihr Spaß

Der Philosoph war ein Genießer
Er trank mit Freuden seinen Wein
Man sieht: Er war fürwahr kein Spießer
Und becherte niemals allein

Wenn Sokrates nach Hause wankte
Oft nach des Weines Hochgenuss
Die Xantha es ihm zeternd dankte
Bisweilen auch mit Hand und Fuß
Denn schreiend und mit viel Geklirr
Wurd' auf den Sokrates, der schwankte
Entleert das eigne Nachtgeschirr
Ob all das stimmt, wurd' nie bewiesen
Und ob Xanthippe wirklich schlimm
Von Sokrates verehrt, gepriesen
Empfand er gegen sie nie Grimm

Für Sokrates war's nie ne Schmach
Wenn er beschimpft und hart gescholten
Gab er als Klügerer stets nach

All dies geschah vor vielen Jahren
Doch gleichen sich die Dinge noch
Von manchem Paar könnt ihr erfahren
Wie schrecklich doch ein Ehejoch
Drum sollt' man vieles lockrer sehn
Weil Ärger bringt doch nur Verdruss
Und wie einstmals schon in Athen
Genügt zum Frieden oft ein Kuss

Von Sokrates geküsst zu werden
Empfand Xanthippe nie als Graus
Da wurd' sie sanft, vergaß Beschwerden
Glich einem Engel fast im Haus

Und die Moral von der Geschichte
Die vornehmlich für Männer gilt:
Nicht immer stimmen die Berichte
Dass Frauenärger maßlos schwillt
Trotzdem ist Männern anzuraten
Wenn auf sie wartet ne Xanthippe
Riecht ihr von fern den Satansbraten
Riskieret nie ne kesse Lippe

Denkt stets an Sokrates, den Schlauen
Der trieb's zu Hause niemals bunt
Er kannte sich gut aus mit Frauen
Und hielt im Zweifelsfall den Mund

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