Soziales

Zum Kommentar "Umverteilung zu Lasten der Kleinen" (TV vom 18./19. Mai):

Selten hat ein Kommentar die Realität so verdreht wie der von Dieter Lintz zum "freien Spiel der Markt-Kräfte". Abgesehen von der Rechtschreibung (was soll der Bindestrich zwischen Markt und Kräften?) herrscht auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland keinerlei freier Markt, sondern eine jahrzehntealte Überregulierung aus sozialen Gesichtspunkten. Der eigentliche Grund, warum es für Geringverdiener und Familien gerade in Ballungszentren zu wenig "bezahlbaren" Wohnraum gibt, ist nicht der Markt, sondern der Staat mit seinem ach so sozialen Mietrecht. Als Rechtsanwalt, der sowohl Mieter als auch Vermieter vertritt und daher keiner Seite besonders nahe steht (und selbst nicht vermietet und nicht mietet), ist es für mich offensichtlich, warum kaum noch Privatvermieter am Markt sind, sondern in immer größerem Maße Wohnungsgesellschaften, die weit weg von den Mietern und Gebäuden vom grünen Tisch ihr Geschäft betreiben. Der Häuslebauer, der sein Anwesen über die Vermietung einer Einliegerwohnung mitfinanzieren will, kann aus seinem Traum böse erwachen: Das "soziale" Mietrecht verhindert, dass er säumige Zahler schnell los wird. Er muss einen Räumungsprozess führen und die Anwalts- und Prozesskosten aus eigener Tasche finanzieren. Wenn der Vermieter nicht rechtsschutzversichert ist, ist diese Lage schlicht ruinös. Und dann die immer weiter eingeschränkten Möglichkeiten, Mieterhöhungen durchzusetzen, die komplizierten Anforderungen an die Nebenkostenabrechnungen und vieles mehr. Dies alles führt dazu, dass für private Kleininvestoren die Wohnraummiete ein hochriskantes, geradezu spekulatives Geschäft ist, das sich nicht lohnt. Viele langjährige Vermieter verzichten nach ein, zwei schlechten Erfahrungen mit "schwarzen Schafen" komplett auf eine Wiedervermietung. Kurz: Das Wohnen ist teuer, weil der Staat es teuer macht. Das ist die Realität, die Herr Lintz offensichtlich nicht erkennt. Ralf Mathey, Prüm

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