Soziales

Zum Artikel "Trierer Agenturchef gegen Ausnahme beim Mindestlohn" (TV vom 4. Januar):

Die Aussage von Heribert Wilhelmi, Chef der Trierer Arbeitsagentur, dass er einer Mindestlohn-Sonderregelung skeptisch gegenübersteht, zeigt, dass er keinen Einblick in die Praxis der Moselwinzer hat. Flüchtlinge müssen erst mühsam angelernt werden, was auch mit Sprachhemmnissen zu tun hat. Aus einem Betrieb hier ist zu hören, jedem Flüchtling müsste ein Angestellter an die Seite gestellt werden. Ohne das geht es nicht. Und dafür sollen wir einen Mindestlohn zahlen? In der Tat gibt es viele Flüchtlinge, die arbeiten oder wenigstens eine Tätigkeit ausüben wollen, auch zu einem geringeren Lohn. Aber die restriktiven Maßnahmen des Arbeitsamtes behindern auch das, unter anderem mit dem Hinweis, dass deutsche Arbeitslose zuerst gefragt werden müssen (dabei hat die Erfahrung uns gelehrt, dass deutsche Arbeitslose meist gar nicht bereit sind, im Weinberg zu arbeiten). Dass die Einführung eines Mindestlohns nötig war, um die Lebenskosten annähernd zu decken, ist unbestritten. Nur die Geschwindigkeit, mit der der Mindestlohn angehoben wurde, plus den dazu gehörenden Sozialabgaben, ist für viele Winzer, die vor allem Weinberge in Steil(st)lagen besitzen, schwer verkraftbar und sicherlich nicht kalkulierbar. Aber das interessiert die Agentur nicht. Wir brauchten für die Saisonarbeitnehmer eine Ausnahme regelung, aber es gab kaum oder gar keine Politiker, die sich hierfür vehement eingesetzt haben. Auch vom Bauern- und Winzerverband vernahm man keinen hörbaren Protest. So kam es letztlich zu keiner notwendigen Sonderregelung, die faktisch so umzusetzen ist, dass Steillagenwinzer noch Saisonkräfte finden, die nicht voll sozialversichert sein müssen. Der viel zu schnell angestiegene Mindestlohn fördert in vielen Fällen den Entschluss, die Steillagen aus Kostengründen aufzugeben, auch weil es Bestrebungen gibt, das Spritzen durch Hubschrauber zu untersagen. Quo vadis, Moselkulturlandschaft, mit deinen einzigartigen Steillagen? Jürg Langguth, Traben-Trarbach

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