Steht auf, wenn ihr Bürger seid!

Zu den Protesten gegen "Stuttgart 21" und den Hochmoselübergang:

Wunderliche Dinge geschehen dieser Tage. Die braven Schwaben entdecken die echte, gelebte Demokratie. Wie einst in den letzten Tagen der DDR, erheben Bürger ihre Stimme, rufen: Wir sind das Volk! Die Menschen fühlen sich nicht ernst genommen, sondern vorgeführt und belogen. Die Altparteien stehen noch in Treue fest zu gestrigen Plänen, obwohl sich die Geschäftsgrundlage der einstigen Beschlüsse gewaltig verändert hat: Der Bau des unterirdischen Stuttgarter Bahnhofs samt Rennstrecke nach Ulm wird schlichtweg dreimal so teuer wie einst veranschlagt, ist viel riskanter als damals bekannt war, nützt wenig und wird alle Mittel der Bahn für dringende Renovierungen auf Jahre verschlingen. Es droht eine gravierende Verschlechterung der Infrastruktur im Ländle. Dagegen stehen die Bürger mit Fug und Recht auf und fordern einen Baustopp und neue Planungen.

Andernorts glauben manche Funktionsträger ebenso, dass sie im Besitz der ewigen Wahrheit und unfehlbar seien. Auf jeden Fall schlauer als das "Volk". Gemeint ist hier die B 50 neu samt Hochmoselübergang. Hier wie dort hat sich die "Geschäftsgrundlage" verändert: Die Verkehrsprognosen sind illusionär, die Risiken beträchtlich, die Kassen leer. Die ganze Welt, soweit sie davon weiß, findet das Projekt unnütz, hässlich, antiquiert, sogar "barbarisch". 20 000 Besucher des Tales unterschrieben gerade eine Petition gegen das Projekt. Es ist aber wie in Stuttgart: Hypnotisierte Funktionäre wollen ihre Luftschlösser und defizitären Projekte mit der Brechstange durchsetzen. Ohne Respekt für Landschaft und Kultur. Diese Ignoranz wird als Standhaftigkeit verkauft. Das stößt vielen Bürgern auch hier sauer auf.

Die Nürburgring-Pleite wird 300 Millionen Euro kosten, die Schändung des Moselsporns durch die B 50 neu womöglich 500 Millionen. Diese Gelder fehlen für die dringliche Erhaltung unserer Verkehrswege. Hunderte Spannbetonbrücken werden nun alt, sie bröckeln und rosten, werden notdürftig geflickt, halbseitig oder ganz gesperrt. Wir müssen sparen, uns auf das Wesentliche konzentrieren. Eine kluge Regierung würde das einsehen, innehalten und umsteuern. Mal sehen, wer das früher kapiert: Mainz oder Stuttgart?

Rudolf Trossen, Kinheim-Kindel

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