Politik Subtile Meinungsmache

Zur Berichterstattung über den Fall Nawalny schreibt Horst Schorle:

Es ist schon unglaublich, wie eine Vielzahl deutscher Politiker und Medien im Fall Nawalny deutsches Recht, wonach der Ankläger verpflichtet ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht der Angeklagte seine Unschuld, konterkarieren und damit subtile Meinungsmache betreiben.

Zu den Fakten: Norbert Röttgen, Kandidat um den Parteivorsitz der CDU und Mitglied der Atlantikbrücke, und Caren Mioska, Moderatorin der ARD-„Tagesthemen“, erklären der Bevölkerung, verantwortlich für den Anschlag könnten nur die Russen sein, da das Nervengift Nowitschok verwendet wurde. Tatsache ist aber, dass jeder Geheimdienst und jedes Militär einer Großmacht gleichfalls im Besitz von Kampfstoffen des Gegners ist und damit einen Anschlag verüben könnte.

Russland, dieser angebliche Verbrecherstaat, erlaubt den Transport Nawalnys von Omsk in die Charité nach Berlin, um sich dann eines Verbrechens überführen zu lassen, – ist das nicht grotesk?

Der KGB, einer, wie man immer wieder hört, der gefährlichsten und brutalsten Geheimdienste der Welt, versagt gleich mehrere Male, wie beispielsweise in England bei Sergej Skripal und dessen Tochter, jetzt bei Alexej Nawalny, bei dem Versuch, unliebsame Oppositionelle zu liquidieren. Ist das wirklich glaubhaft?

Außenminister Heiko Maas reist nach Brüssel und will die EU auf harte Sanktionen gegen Russland einschwören. Die Nord­stream-Pipeline, ein Hassobjekt für die USA (die natürlich ihr überteuertes Gas nach Europa liefern möchten) und für manches Mitglied der Atlantikbrücke (die bemüht ist, deutsch-amerikanische Wirtschaftsbeziehungen zu optimieren) muss nun nach dem Angriff auf Nawalny unverzüglich gestoppt werden – von den Kommentatoren in vielen Medien begrüßt. Kommt da nicht die Nawalny-Tragödie gerade gelegen, die verhasste Pipeline endlich und endgültig zu begraben? Diese Frage muss erlaubt sein.

Horst Schorle, Ingendorf

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