Theater

Zur Rezension "Mozart, ganz sportlich" (TV vom 9. Juni):

Mit einigem Erstaunen und auch mit Fassungslosigkeit las ich den Artikel über die Premiere von Mozarts "Clemenza di Tito" am Theater Trier, deckt sich doch das hier Beschriebene in keinem Punkt mit dem von mir selbst in dieser Premiere Erlebten. Es war aus meiner Sicht ein Abend mit aufregendem und höchst subtil dargestelltem Theater, der gerade dieser seit jeher mit großen Vorurteilen behafteten Oper Mozarts mit ihrer größtenteils unbekannten großartigen Musik aufs Beste gerecht wurde. Auch das viel geschmähte Libretto wurde rehabilitiert, wurden doch die Verstrickungen und Abgründe der Protagonisten klar dargestellt, sodass die Dramatik der Handlung nicht hinter den berühmten Opern Mozarts zurückstehen musste. Es war klar, dass auf diese Weise einige vorgefertigte Erwartungen an "hehre Herrschermilde" nicht befriedigt werden konnten. Die Kritik künstlerischer Arbeit erfordert Wissen, Offenheit und Interesse für die Kunst und ist natürlich immer subjektiv geprägt. Objektivität sollte aber doch in der Beschreibung der Geschehnisse oberstes Gebot sein. Gerade hier liest man im Artikel Eva-Maria Reuthers Unglaubliches: "Gerammel", "Liegestütze" und "Buhrufe und Pfiffe". Das ist schlicht gelogen und grenzt an Diffamierung der Künstler auf und hinter der Bühne. Wenn die Autorin sich nur annähernd mit dem Text der Arien befasst hätte, könnte auch ihr klar sein, dass all diese Erotik (pardon, nicht Gerammel) auch im Stück liegt. Dass die Musik Mozarts dies beinhaltet, wird ja sogar zugegeben. Auch wenn nie zu erfahren sein wird, was Mozarts Wille wäre, eines sollte sicher sein: Mozart wollte bestimmt echte Menschen auf der Bühne sehen und nicht leere Hülsen. Vielleicht war die Autorin auch davon überfordert, in einer als so spröde geltenden Oper plötzlich von realen Menschen auf der Bühne angerührt zu werden. Große Teile des Publikums ließen sich anrühren und gingen beglückt nach Hause. Es gab exakt einen Buhrufer, Singular, nicht Plural. Es bleibt zu wünschen, dass viele Theaterbegeisterte trotz dieses (pardon) Pamphlets diese Aufführung besuchen. Franz Lichtenstern, München

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