Theater

Zum Leserbrief "Ärgerliche Ungereimtheiten" (TV vom 4. Januar) und zur Trierer Inszenierung der Büchner-Stücke "Dantons Tod - Leonce und Lena":

Das Konzept dieser Inszenierung wird meines Erachtens durch die Marionette, die in "Leonce und Lena" stets im Vordergrund steht und die in "Dantons Tod" im Hintergrund "agiert", bestens symbolisiert! In beiden Stücken agieren die Schauspieler wie an Strippen gezogen in ihren festgefahrenen Rollen, ohne sich ablenken zu lassen. Auf der einen Seite die höfische Welt mit ihren fest gestanzten Rollen, aus der die beiden Königskinder entfliehen, in die sie am Ende aber doch wieder glücklich zurückkehren, auf der anderen Seite die politischen Kontrahenten, die - wie an Strippen gezogen - von ihren politischen Vorstellungen oder Idealen gedrängt werden und nicht davon ablassen. Hierin erkenne ich - im Gegensatz zu Herrn Dr. Karbach - ein ganz klares Konzept dieser Inszenierung. Langeweile kam für mich absolut nicht auf, ich war die meiste Zeit vom Geschehen auf der Bühne gebannt. Meines Erachtens ist es aber zum Verständnis der Inszenierung wichtig, dass man entweder das Theatercafé dazu besuchte oder aber die Einführung vor der Vorstellung. Auch aus dem Programmheft kann man noch einige wichtige Informationen hierzu erhalten. Wenn man ganz unvorbereitet in diese Inszenierung geht, können schon Probleme entstehen; aber wer macht das schon? Für mich war diese Inszenierung gut und packend. Das Problem, dass ein Teil des gesprochenen Wortes schlichtweg zu leise war oder aber durch Nebengeräusche verschluckt wurde, bestand allerdings in der Tat. So waren viele leise Textpassagen, die am Bühnenrand vorne gesprochen wurden, sogar in der fünften Reihe einfach nicht zu verstehen. Gleiches gilt für die Gerichtsverhandlung, wo die Geschworenen in den Bühnenhintergrund sprechen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, was der Kammerschauspieler Günther Reim in den Theaterkursen bei der Volkshochschule Trier immer wieder sagte: "Nie in den Bühnenhintergrund sprechen". Dieses Problem ließe sich durch Mikrofone vermeiden, aber weder die Teilnehmer am Prozess noch die Schauspieler, die am Bühnenrand ihre Reden/Monologe halten, hatten Mikrofone, wohingegen die Worte vieler anderer elektronisch verstärkt wurden. In der Aufführung, in der ich war, gab es aber - obwohl ein kleiner Teil der Zuschauer gegangen war - von der verbliebenen Mehrheit einen begeisterten Applaus für die Leistung der Schauspieler und für die Inszenierung! Jens Carl Sartor, Trier Bekanntlich sind Büchner-Theater-Abende nicht gerade erheiternd, selbst dann nicht, wenn das sogenannte Lustspiel "Leonce und Lena" auf dem Programm steht. Geht es doch um Fadesse und Langeweile des Menschen, der keine Rückbindung an verbindliche Werte hat und vor sich nur das "Nichts" sieht. Gerhard Webers Projekt "Dantons Tod - Leonce und Lena" jedoch war für mich als Zuschauer weder unverständlich noch langweilig, im Gegenteil, mir wurde klar, dass in dieser Inszenierung das eine Stück das andere kommentiert. Im "Danton" setzt sich der Ideologe gegen den politischen Pragmatiker durch und wird von seinen Anhängern für sein unmenschliches Vorgehen zum Heilsbringer hochgejubelt - aus Angst! Von solcher politischer Schockstarre sind wir täglich umgeben! Der Rückzug junger Leute aus der öffentlichen Verantwortung kann eine Folge davon sein, wie etwa Leonce und Lena zeigen. Gerade für junge Leute gibt diese Aufführung deshalb viele Anregungen zur Diskussion. Ein gewagtes, doch gelungenes Projekt! Peter Müller-Auernheimer, Trier

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