Theater

Zum Artikel "Ein Abend und die zwei Seiten des Georg Büchner" (TV vom 18. Dezember) diese Meinung:

Wer Büchners Auseinandersetzung mit dem idealistischen Helden in "Dantons Tod" mit seiner Politsatire in "Leonce und Lena" koppeln will, braucht ein Konzept, das sich etwa aus dem Todesmotiv gewinnen ließe. Ein Konzept aber ist in der Doppelinszenierung des Trierer Intendanten Gerhard Weber nicht zu erkennen. Zu bestaunen ist vielmehr, wie hier das eine Stück durch das andere guillotiniert wird. Die Rezensentin Eva-Maria Reuther jubelt die Inszenierung hoch, münzt den Verdruss um zu einer Parabel auf die ("Ha!", ruft Büchner) "aktuelle Politikverdrossenheit". Angesichts des Umstands, dass die Monarchie in Gestalt des Königs Peter "die Hosen heruntergelassen" hat, sei es höchste Zeit, dass Danton und die Revolution kommen. Zur Erinnerung: "Dantons Tod" spielt 1794, "Leonce und Lena" in den 1830er Jahren. "Ein ausgesprochen spannendes Unternehmen" sieht Frau Reuther in Webers Gewaltakt. Da war das Publikum anderer Meinung: Nach der Pause lichteten sich deutlich die Reihen. Ob man der Winke mit dem Zaunpfahl überdrüssig war: die baumelnde Marionette, das sinkende Fallmesser? Oder ob einfach alles zu lang und langweilig war? Oder waren es die ärgerlichen Ungereimtheiten? Der Cowboyhut auf dem Kopf eines Revolutionärs? Lenas englischer Song? Der versinkende elektrische (?) Stuhl? Julie, die sich erschießt, obwohl sie sagt, sie gehe leise? Das Fallbeil, das nicht fällt? Was ist an alledem "unbedingt sehenswert"? Die armen Schauspieler: Nicht genug, dass viele von ihnen ständig einen Rollenwechsel zwischen Tragödie und Komödie schaffen mussten, ohne Zeit, eine Rolle wirklich zu entwickeln. Um sich gegen das ständige Geraune aus den Lautsprechern überhaupt Gehör verschaffen zu können, hatte der Regisseur ihnen ("Ha!") Headsets verordnet. Allein, das Bühnenbild verschluckte die Stimmen ebenso wie manch einen der Darsteller. Einen "herzlichen Applaus" habe ich am Ende nicht gehört. Wofür auch? Für das Lustspiel "Leonce und Lena", das niemanden lachen machte? Für das Schauspiel "Dantons Tod", das keine Fragen aufwarf? Für einen Büchner, der auf wohlfeile Schlagzeilen ("Die Revolution frisst ihre Kinder") reduziert war? Vielleicht sollte es Gerhard Weber einmal mit einer Triple-Inszenierung versuchen und den "Woyzeck" noch dazu packen. Dr. Walter Karbach, Trier

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