Trauer nur in Schwarz?

Wir laden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zum Dialog ein. Sagen Sie uns Ihre Meinung! Das Motto: Leser fragen - die Chefredaktion antwortet.

Nick Lambert aus Trier schreibt: Gab es oder gibt es oder sollte es nicht mal eine öffentliche Diskussion zum Thema "farbige Todesanzeigen im Volksfreund" geben? In meinem Umfeld ist die Meinung eindeutig - Stichwort "Totenkirmes". Aber vielleicht sehen wir das ja einfach nur zu schwarz-weiß. Lieber Herr Lambert,

vielen Dank für Ihre Frage; Sie sprechen ein Thema an, das viele TV-Leser bewegt und immer wieder kontrovers diskutiert wird. Seit rund einem halben Jahr erscheint die Zeitung komplett in Farbe. Seitdem ist es möglich, Trauer-Anzeigen in Pastelltönen (blau oder violett) zu gestalten oder mit einer Rose als letztem Gruß zu schmücken. Das Echo reicht von "pietätlos" und "muss das denn wirklich sein" bis zu "gut, dass es dieses Angebot endlich gibt".

Klar ist: Jede Veränderung, die an elementare Traditionen und Konventionen rührt, wirkt zunächst ungewohnt. Jahrzehntelang war Schwarz als Ausdruck der Trauer "gesetzt", dazu oft formelhafte Texte, gerahmt mit dicken Balken. Und nun: Farbtupfer auf dem "Friedhof"! Darf das denn sein?

Offenbar wandelt sich die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens in der westlichen Gesellschaft derzeit rasant. Die Trauer wird individueller, das "Monopol" der christlichen Friedhöfe bröckelt. "Im Trend" liege die Feuerbestattung, sagen Bestatter, auch die Beerdigung in Rasengräbern. Der Friedhof der Zukunft werde immer mehr einem Park ähneln, heißt es. In Friedwäldern wird die Asche der Toten an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. So bedrückend und konventionell wie das Gebot, zu Beerdigungen nur in Schwarz zu gehen, empfinden viele Menschen inzwischen auch die "Vorschrift", Todes-Anzeigen nur in Schwarz-Weiß zu drucken.

Wolfgang Sturges, Anzeigenleiter des TV, sagt: "Die Angehörigen machen sich mehr Gedanken, wie man einem Verstorbenen gerecht werden kann." Es gibt Anzeigen, in denen sich die Verstorbenen selbst verabschieden, es gibt immer öfter Enkel und Urenkel, die separat ihrem Opa noch einmal danken, es gibt häufiger den Mut, selbst seine Gedanken zu formulieren, statt auf das Musterbuch zurückzugreifen. Und: "Farbe wird immer häufiger gewünscht", sagt Wolfgang Sturges. "Wir achten sehr darauf, dass keine Kirmes-Atmosphäre entsteht. Wenn Kunden ausdrücklich das klassische Schwarz-Weiß-Umfeld für ihre Anzeige wünschen, berücksichtigen wir das natürlich."

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Peter Reinhart, stellvertretender Chefredakteur

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