Trotzdem wählen, trotzdem!

Politik

Zur Berichterstattung über den Bundestagswahlkampf:
Ganz ehrlich? Ich hab es satt bis oben hin. Was uns derzeit als Politik verkauft wird, ist dermaßen jämmerlich, nichtssagend und aufgebauscht, dass es einem schlecht wird. Das gilt für alle Politikprofis, die sich derzeit um die Bundestagsmandate balgen.
Eine Kanzlerin, die sich selbst genügt und lediglich die Regeln bei öffentlichen Diskussionen diktiert. Ein Herausforderer, der gar keiner ist, sondern gleich nach der ersten vollmundigen Ankündigung von mehr Gerechtigkeit wieder zurückrudert, um sich nur ja alle Koalitionsoptionen offen zu halten. Da wird die Gleichstellung der Ehe als Riesencoup gefeiert. SPD, Linke und Grüne nutzten - einmal - ihre Mehrheit, um das nun endlich durchzubringen.
War das wirklich das Wichtigste, was unser Land brauchte? Mindestrente, Abschaffung der Zeitverträge, Dumpinglöhne, Ausbeutung von eigentlich Arbeitslosen, Verbot von Leiharbeit, Altersarmut und einiges mehr - kein Thema für so eine Bundestagssitzung?
Zum anderen die "Informations-Debatten". Nichts gegen politische Aufklärung, aber das Bild, das sich derzeit bietet, hat eher mit Klamauk als mit ernsthafter Diskussion zu tun. Manchen dieser Gestalten merkt man direkt an, dass sie stundenlang vorm Spiegel geübt haben müssen, was sie in die Kameras und Mikrofone absondern.
Und dann die Umfragen. Jeden Tag kommen "neue" Wasserstandsmeldungen. Die CDU weit vorne, die SPD hoffnungslos abgeschlagen, Linke, Grüne, AfD und FDP prügeln sich um den dritten Platz.
Stelle man sich mal vor, ab sechs Monate vor der Wahl dürften keine Prognosen mehr veröffentlicht werden. Die Diskussionen verliefen ganz anders. Vielleicht ehrlicher, etwas risikofreudiger, jedenfalls aber würden sich die Protagonisten nicht entlang der Umfragewerte hangeln können. Utopie? Vielleicht.
Jedenfalls werde ich am Sonntag trotzdem wählen gehen. Wenn es auch schwerfällt.
Peter Trauden
Heilbach

Es wird vor der Wahl verkündet, was nach der Wahl passiert. Das ist ja mal etwas ganz Neues. Aber wenn die politische Elite sich über eine Sachlage einig ist, verheißt das selten bis nie Gutes.
Wie im TV angekündigt, sollen die Arbeitsverträge der Abgeordneten um ein Jahr verlängert werden. Okay. Ihre Diäten können sie schon jetzt bestimmen. Und langen in regelmäßigen Abständen über alle Fraktions- und Glaubensgrenzen auch unverhohlen zu. Warum also nicht auch noch diese Frech..., ähh Freiheit?!
Die Väter unserer Demokratie waren ja nicht alle Engel, und nicht alle waren gewachsene Demokraten. Es hat bei manchen Grundgesetzentscheidungen der Gründerväter gehörigen undemokratischen Drucks vonseiten der westalliierten Siegermächte bedurft. Doch die vier Jahre einer Legislaturperiode haben sich in 70 Jahren mehr oder weniger Demokratie in Deutschland bewährt. Warum jetzt diese Änderung? Damit unsere Volksvertreter mehr Zeit haben, um komplizierte Gesetze zu beraten und durch die Tücken und Untiefen der demokratischen Legislatur zu bugsieren?! Ein Schelm, der Böses denkt. Unsere Volksvertreter sind dann immer ganz fix, wenn es darum geht, sich die Taschen vollzumachen. Wer jetzt denkt, ich übertreibe, sehe sich mal die Diätenentwicklung inklusive der steuerfreien Aufwandsentschädigung an. Ganz zu schweigen von lukrativen Nebenbeschäftigungen. Wir werden dank solchen frech-dreisten und im Grunde undemokratischen Verhaltens immer mehr entdemokratisiert. Wenn es allerdings darum geht, ein einfaches, gerechtes Steuersystem und ein gerechtes Rentensystem einzuführen, haben weder eine oder mehrere große Koalitionen noch die gute Konjunktur noch die schwarze Null geholfen. Was also werden unsere Volksvertreter in fünf Jahren bewerkstelligen, zu dem sie in vier Jahren nicht fähig sind? Nur eine längere Absicherung ihrer eigenen Pfründe.
Peter Kühn
Temmels

Das Bemühen der Parteien um den Einzug in den Bundestag erschöpft sich auch bei diesem Wahlkampf in der Zusammenstellung eines Sammelsuriums von wohlfeilen Angeboten, dümmlichen Versprechungen und nichtssagenden Slogans, plakatiert in aller Regel mit den Konterfeis von Personen, die als Ersatz für ein fehlendes Programm herhalten. Gebetsmühlenartig werden mit angeblich neuen Ideen und Initiativen die sattsam bekannten Politikfelder wie Rente, soziale Sicherheit, Arbeitsplätze, Bildung, Umwelt, Europa bearbeitet, wobei sich der erstaunte Bürger manches Mal fragt, was denn in der vergangenen Legislaturperiode zustande gebracht worden ist.
Ein Thema allerdings klammert man aus, das streift man höchstens meist beschönigend am Rand: die Zuwanderungs- oder Flüchtlingsproblematik. Gerade die ist es aber, die den "Menschen im Land" erhebliche Sorgen bereitet. Wie viele Migranten wird Deutschland noch aufnehmen? Wie ist es mit der Integration? Was kostet das alles und wer bezahlt dafür? Dabei sind die Zahlen alarmierend: Der Bund will im Zeitraum von 2016 bis 2020 93,6 Milliarden zur Verfügung stellen. Minister Gerd Müller, zuständig für Entwicklungshilfe, bilanziert die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen für eine Million Flüchtlinge auf 30 Milliarden Euro jährlich, das Institut der Deutschen Wirtschaft spricht von 50 Milliarden Euro, das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung gar von 55 Milliarden Euro pro Jahr. Ein Schutzsuchender kostet auf der Grundlage der Berechnungen des Entwicklungshilfeministeriums 2500 Euro pro Monat, ein unbegleiteter jugendlicher Migrant gar bis zu 5000 Euro. Von der idealistischen Vorstellung, dass die massenhafte Zuwanderung für die deutsche Wirtschaft ein Gewinn sei, haben sich die Manager und Wirtschaftsfachleute längst verabschiedet, und nur noch die Vertreter der Wohlfahrtsindustrie sowie einige unbelehrbare Sozialromantiker hängen ihr an.
Gerade mal 13 Prozent der Flüchtlinge befinden sich zumeist als Hilfskraft in einem Arbeitsverhältnis. Mehr als die Hälfte hat keinen Schulabschluss, und viele sind Analphabeten. Hinzu kommen die gewaltigen Probleme, Menschen aus andersgearteten Kulturkreisen zu integrieren und deren religiöse Vorschriften und Gebräuche mit einer weltoffenen und demokratischen Gesellschaftsordnung in Einklang zu bringen. Und eine ganz entscheidende Frage: Wie wird Deutschland sich künftig im Verbund mit den europäischen Nachbarn angesichts des zunehmenden Immigrationsdrucks aus Afrika verhalten? Darüber hätte man gerne im Wahlkampf Konkretes erfahren.
Horst Becker
Arzfeld

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