Gesellschaft Überzogene Ansprüche, kollektive Verblödung

Zur Berichterstattung über Wohnungsnot in den Städten und zur Debatte über die Entwicklung der Demokratie schreibt Manfred Schmitz:

Einerseits sind bedingungslose Ansprüche ein Prinzip des Sozialstaats, andererseits verleiten sie diejenigen, die sich dem Staat weder verpflichtet fühlen noch Leistungen für ihn erbringen, zu verantwortungslosem Anspruchsdenken. Anspruchsdenken vergiftet das soziale Klima und verbittert die, die für die Ansprüche aufkommen müssen. Im politischen Wettbewerb wird der Eindruck erweckt, alles sei machbar und der Staat sei für alles und jedes verantwortlich – eine Erklärung für überzogene Ansprüche und kollektive Verblödung.

Mein Verdacht: Der Staat wird sogar für schlechtes Wetter verantwortlich gemacht. Warum sonst ziehen die Wetter-Moderatoren so ängstlich den Kopf ein, wenn sie ein paar „harmlose Regenwolken“ ankündigen müssen?

Ich mag sie nicht mehr hören, die tendenziösen Berichte, mag die vorwurfsvollen Mienen der Diskutanten nicht mehr ertragen, wenn sie – mit einem Seitenhieb auf das „Versagen der Politik“ – nörgeln, in den Städten fehlten Millionen „bezahlbarer“ Wohnungen. Ganz bewusst wird suggeriert, jeder habe ein Recht auf eine preisgünstige Wohnung in der Stadt. Fehlt nur noch das ernsthaft diskutierte, bedingungslose Grundeinkommen, von dem vor allem die profitieren würden, die sich weder für überzogene Ansprüche noch leichtfertige Lebensentwürfe rechtfertigen! Mittlerweile ist es gang und gäbe, dem Staat die Schuld an leichtfertigem Schuldenmachen und Privatinsolvenz, an abgebrochener Schul- oder Berufsausbildung zu geben,  weil das Einkommen nicht reiche, Schule und Beruf keinen Spaß machten. Wer hat folglich für den Ausbildungs- und Arbeitsplatz mit Spaßgarantie vor Ort, die günstige, voll ausgestattete Single-Wohnung in der Stadt mit direktem Zugang zu Kneipe und Disco (bald auch zu Cannabis und Metadon?), für medizinische Vollversorgung, Wohngeld. Rente und Pflege zu sorgen? Wie kann man so dumm fragen – natürlich der Staat!

Wer ist der Staat? Vielen ein unbekanntes Wesen, und doch nach ihrer Meinung zuständig für ihre Rundumversorgung; ihr Credo und einzige Begründung: „Ich habe Anspruch!“

Dass Häuser und Wohnungen wegen Wärmedämmung, hoher Bau- und Grundstückskosten sowie gestiegener Ansprüche irre teuer sind, ist ihnen egal. Auch wenn in der „Oberklasse“ unanständig viel Geld verdient wird und die Schere zwischen Arm und Reich unanständig groß ist, ist das kein Freibrief dafür, über seine Verhältnisse zu leben.

Wer sich, so gut er objektiv kann, bemüht und arbeitet oder lange gearbeitet hat, muss von Lohn oder Rente leben können, wer sich nicht anstrengen will, soll nicht auf Kosten anderer leben dürfen.

Manfred Schmitz, Flußbach

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