Unaufgeregt antworten

Angeblich bin ich an "Führers Geburtstag" 1939 geboren. In einem Kalender von 1939 steht am 20. April sonst kein Heiliger. Wenn der Vater dann noch Ortsgruppenleiter war und ich als Kind einige üble Sachen in den letzten Kriegsjahren, zum Beispiel in der Evakuierung, mitbekommen habe, dann ist man sensibilisiert, wie das heute so schön heißt.

Wenn also ein älterer Arbeitskollege äußerte, dass die jüdischen, gut deutsch sprechenden Offiziere in der amerikanischen Gefangenschaft die Schlimmsten waren, dann unterbrach ich ihn und sagte: "Die hatten ja auch allen Grund!" Und siehe da, eines Tages hatte er meinen Satz in seine Schilderungen eingebaut. Wenn in meiner Zeit als Gastwirt der Vorstand der NPD Saar mein Nebenzimmer haben wollte, dann habe ich das abgelehnt. Wenn ein Gast lautstark äußerte, dass der Hitler von einer ganz bestimmten Volksgruppe zu wenige vergast hat, dann bekam dieser ohne Ansehen und Stand der Person ebenso lautstark Lokalverbot. Wenn geistige Kleingärtner (bei mir waren es Kleingärtnerinnen) herbeisehnten, dass der Hitler die berühmten 14 Tage wiederkommen müsste, dann gab ich zu bedenken, dass wir ihn nach 14 Tagen schwer wieder los würden! Das heißt: Nicht jeden Mist unwidersprochen schlucken, sondern unaufgeregt antworten. Das alles sind keine Heldentaten. Zu einem bornierten Alt- oder Neonazi zu sagen "Da bin ich aber ganz anderer Meinung" ist keine Kunst. Wenn dieser Satz in unserer Republik millionenfach geäußert wird, kommen sogar dumpfe Rechte ins Grübeln. Wolfgang Riehm, Schillingen

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