Gesellschaft Und wo kommen Sie her? Aus Neutralistan!

Zur Berichterstattung über die Diskussion um Rassismus und das „M-Wort schreiben“ Karl Mikolai und Hans J. Hauprich:

Fiktives Gespräch an einem internationalen Flughafen dieser Welt bei der Vorlage des Reisepasses.

Zollbeamter/-beamtin: „Oh, Sie kommen aus D...land, einem Land, in dem die Umbenennung von Straßen und Plätzen historisch belasteter Persönlichkeiten noch nicht ernsthaft umgesetzt wurde und außerdem noch zahlreiche M-Wörter zu finden sind. “

Tourist/-in: (kleinlaut): „Ja, aber wir wollen hier doch nur Urlaub machen; das bringt Ihrem Land doch auch Devisen.“

Zollbeamter/-beamtin: „Devisen hin, Devisen her; es geht hier um Grundsatzfragen. Kommen Sie wieder, wenn in Ihrem Land diese Problematik nicht nur ernsthaft debattiert wurde, sondern auch konkrete Änderungen vorliegen.“

Tourist/-in: (kleinlaut): „Gut, dann versuchen wir es in zehn bis zwanzig Jahren noch einmal.“

Warum wagen wir also nicht gleich den großen Wurf und nehmen nicht nur eine Umbenennung aller Straßen, Städte und des ganzen Landes vor, sondern kümmern uns ebenfalls um eine systematische Änderung der „M-Wörter“?

Straßennamen könnten durch einen Buchstaben-/Zahlencode ersetzt werden und Städte könnten ausschließlich nach den ihnen zugeordneten Postleitzahlen bezeichnet werden; dies hätte den Vorteil, dass bereits Kinder und Jugendliche mit diesem System Kommunen leicht in den Norden (Leitzahl: 2), die Mitte (Leitzahlen: 5, 6) oder den Süden (Leitzahl: 8) der Republik verorten könnten.

Anschließend könnte man sich den „M-Wörtern“ zuwenden, die immer noch ihr Unwesen in unserer Sprache treiben.

So hat der Katzenliebhaber immer noch sein „M...le“, und in Fauna und Flora tummeln sich zahlreiche Begriffe, deren Umbenennung sicherlich zu einer nationalen Herausforderung werden könnte. Einige Beispiele:

Flora: M…rübe, M…enhirse,

M…enmalve, M…enkopf-Milchling (Pilz), et cetera.

Fauna: M…enmeise, M…enente, M…enfalter, M…enkaiman,

M…en-Pitohui (Vogel), et cetera.

D...land könnte zu guter Letzt in „Neutralistan“ umbenannt werden, und zusammen mit den oben aufgezeigten Veränderungen wären mit einem Schlag alle historisch belastenden Bezüge vom Tisch.

Nach Abschluss dieses Projekts würden auf europäischer und internationaler Ebene sicherlich alle bewundernd zu uns aufschauen und sagen: „Neutralistan, was für ein Land!“

Die angedachten Änderungen könnten anschließend so lange bestehen bleiben, bis eventuell unsere Buchstaben (lateinisch) oder Zahlen (arabisch) kritisch hinterfragt werden.

Karl Mikolai, Föhren

Zum Leserbrief „Zehn kleine Weiße schlachteten ein Schwein ...“ (TV vom 1./2. August):

„Man sollte sich einmal vorstellen, wie es uns ergangen wäre, hätten andere Mächte Europa überfallen, die stärksten Männer versklavt, verschickt und Europa ausgebeutet“, schreibt Norbert Bogerts.

Ist aber geschehen, und zwar über Jahrhunderte bis in die frühe Neuzeit! Muslimische Korsaren überfielen die Küsten der christlichen Mittelmeer-Anrainer, sogar einsame englische Küstenabschnitte waren vor solchen Übergriffen nicht sicher. Die Beute: christliche Frauen, Männer und Kinder, die dann auf orientalischen Sklavenmärkten an den Meistbietenden verkauft wurden.

Aber der Reihe nach: Rassismus ist kein einseitiges Problem zwischen weißen und schwarzen Menschen, es ist ein Problem der ganzen Menschheit!

Schon die frühen Hochkulturen betrieben Sklavenhandel in größerem Umfang. Wie viele Sklaven mögen wohl in unserem römischen Trier gelebt haben? Weiße Sklavenhändler hätten ohne intensive Hilfe von örtlichen Stammesfürsten niemals erfolgreich diesem Geschäft nachgehen können. Die Besatzung eines Segelschiffs des 16., 17. und 18. Jahrhunderts war zu spezialisiert, um sie auf der Jagd nach Sklaven einzusetzen und möglicherweise Verluste zu erleiden, die dann das Segeln der Schiffe stark eingeschränkt oder sogar unmöglich gemacht hätten.

Wie viele Millionen Schwarzafrikaner wurden wohl von muslimischen Sklavenjägern und -händlern auf die orientalischen Sklavenmärkte verschleppt?

Wie lange ist es wohl her, dass in Ruanda, dem Partnerland von Rheinland-Pfalz, zwei Bevölkerungsgruppen sich gegenseitig abschlachteten und einen Völkermord verursachten, auch unter den Augen derjenigen, die jetzt die großen Moralapostel geben und mit „M-Wörtern“ einen Nebenkriegsschauplatz eröffnen, der an der Problematik komplett vorbeigeht.

Der eigentlich wichtigen Diskussion über dieses Thema sind Blicke durch die verkleisterte ideologische Brille weniger hilfreich als vermehrter Sachverstand, auch unter Hinzuziehung aller historischen Wahrheiten.

Hans J. Hauprich, Kasel

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