Katholische Kirche Ungeheuerlich

Zum Artikel „Tausendfacher Missbrauch in Speyerer Kinderheim“ (TV vom 18. Dezember) schreibt Andreas Wolfram:

Dem von KNA/dpa übernommenen Artikel ist offenbar vom TV die Schlagzeile „Tausendfacher Missbrauch in Speyerer Kinderheim“ vorangestellt worden. Daran anschließend steht zu lesen, dass Ordensfrauen [dieses Heimes] Priester[n] und Politikern sexuellen Missbrauch von Jungen und Mädchen ermöglicht haben sollen. Auch dass ein Gericht [offenbar das Sozialgericht Darmstadt] keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des[!] Zeugen hat, also eines[!] Missbrauchsopfers.

Ausschließlich auf die Äußerung dieses einen Missbrauchsopfers geht das „tausendfach“ in der Schlagzeile zurück: „hochgerechnet 1000 Mal“ sei er vergewaltigt worden, habe er gesagt. Im anschließenden Artikel erfährt der Leser weiter, dass dieser Zeuge als Ministrant im Speyerer Dom von dem als Haupttäter bezeichneten hochrangigen Priester immer in dessen Wohnung mitgenommen worden sei, wo dann der Missbrauch stattfand. Also gar nicht in dem Kinderheim selbst, wie doch die Schlagzeile des TV verkündet!

Zusammen mit dem sich an die Schlagzeile anschließenden (offenbar ebenfalls vom TV verfassten) Satz wird dem Leser suggeriert, dass Ordensfrauen des Heimes quasi ein Bordell für pädophile Priester und Politiker betrieben hätten! Aber nichts in dem ganzen folgenden Artikel untermauert oder belegt eine derartige Einschätzung. Von Missbrauchsfällen in dem Kinderheim selbst liest man nichts. Der Artikel beginnt mit dem Satz: „Ordensschwestern in Speyer haben offenbar über Jahre hinweg Heimkinder Geistlichen zum sexuellen Missbrauch überlassen.“ Diese Aussage wird aber in dem Artikel selbst durch nichts belegt. Darüber, wie und durch welches Verhalten sich Ordensschwestern schuldig gemacht haben, erfährt man nichts. Nach einem Aufruf des Bistums in dieser Angelegenheit hatten sich bei den Speyerer Missbrauchsbeauftragten insgesamt vier Opfer gemeldet. Zwei von ihnen haben „Schwestern aus einem Orden“ beschuldigt. Aber was diese getan haben, wessen sie beschuldigt wurden, davon erfährt man wiederum nichts. Haben sie vielleicht Kinder aktiv zum Sex vermittelt, haben sie von Missbrauchsfällen erfahren und das vertuscht, haben sie es nicht sehen oder wahrhaben wollen, haben sie sich nicht getraut etwas zu unternehmen, war es ihnen zu peinlich oder waren sie auch nur zu naiv und arglos, „dass doch nicht sein kann, was nicht sein darf“? Oder haben sie gar selbst Kinder sexuell missbraucht? Nichts erfährt man!

Aber dem TV genügt das, um diese ungeheuerliche Schlagzeile zu schreiben! Übrigens, auch von angeblich beteiligten pädophilen Politikern steht in dem Artikel überhaupt nichts!

Sicherlich würden auch andere Leser des TV gerne darüber informiert werden, was diese „Ordensfrauen“ tatsächlich „verbrochen“ haben. Deswegen ersuche ich den verantwortlichen Redakteur, in dieser Angelegenheit zu recherchieren und seinen Lesern möglichst bald fundierte, überprüfte Informationen zu unterbreiten.

Andreas Wolfram, Trierweiler

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