Unter Generalverdacht

Zum Artikel "Ältere Autofahrer zum Senioren-Tüv?" (TV vom 22. Juli):

Ein spektakulärer Unfall, Ursache nicht einmal bekannt ("Blackout"?), stellt, gegen jede Statistik, 15 Millionen Senioren unter Generalverdacht. Trotz meiner 67 Jahre bin ich bis heute unfall- und punktefrei. Die paar Knöllchen wegen Nicht-Bedienens der Parkscheibe begründen noch keinen Testzwang.

Nachweislich können ältere Menschen Wahrnehmungs- und Reaktionsdefizite durch Erfahrung und Besonnenheit mehr als kompensieren. Die meisten und vor allem die schweren Unfälle sind nicht Folge körperlicher, sondern charakterlicher Fehler (zu schnelles Fahren, Drängeln, verbotswidriges Überholen, Versperren von Rad- und Fußwegen; wer rücksichtslos parkt, fährt auch so). Hierzu würden Verkehrskontrollen reichen - wenn es sie denn gäbe. Dann fielen, als Nebenprodukt, auch verwirrte Senioren auf. Aber was soll man von einer Polizei halten, die Geschwindigkeits-Kontrollen ankündigt und die Kontrollgeräte so aufstellt, dass jeder Depp den Braten drei Meilen im Voraus riecht? Hier könnte man natürlich die geblitzten Senioren ausrangieren, nicht wegen zu schnellen Fahrens, sondern, weil sie die Messgeräte nicht gesehen haben.

Alle fünf Jahre 15 Millionen Senioren testen, um einige wenige auszusondern, die ein selbstherrlicher Prüfer für ungeeignet hält? Die wahren Gefahren (akut drohendes Herzversagen, Gehirnschlag, "Blackout") wird er gar nicht voraussehen können. Es geht ja wohl mehr um eine weitere Abzocke. Als Einstieg schätze ich 100 Euro pro Test, macht 300 Millionen Euro Jahresumsatz, mit Steigerungsmöglichkeiten durch willkürliche Zusatzuntersuchungen und Nachschulungen. So schafft man eine Zwangs-Konjunktur.

Wolfgang Hertel, Konz

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