Vergessene Pensionen

Soziales

Zum Artikel "Rente mit 63 nur noch für hart arbeitende Bauarbeiter?" und zum Kommentar "Die Rentenpolitik lebt vom Vertrauen" von (TV vom 2. November):
Ich kann diese Diskussion um die Rente mit 63 nicht mehr nachvollziehen. Reicht es denn nicht, wenn Menschen in Deutschland 45 Jahre gearbeitet und in das System eingezahlt haben? Sollte es dann, nach 45 Jahren, nicht möglich sein, ohne irgendwelche Sonderregelungen oder Diskussionen um das Renteneintrittsalter oder den demografischen Faktor in Rente gehen zu dürfen? In anderen europäischen Ländern ist das doch teilweise bereits ab 40 Arbeitsjahren zu wesentlich besseren Konditionen und zum größten Teil auch in einem wesentlich niedrigeren Alter möglich.
Was soll also diese unsägliche Diskussion, die nur dem Ziel dient, eine "legale" Rentenkürzung herbeizuführen? Fakt ist, dass es die abschlagsfreie Rente mit 63 seit dem Jahr 2016 schon gar nicht mehr gibt. Die abschlagsfreie Altersrente mit 63 für besonders langjährig Versicherte ab 45 Jahre erhalten nur die Geburtsjahrgänge bis 1952.
Für die Jahrgänge von 1953 bis 1963 gilt doch sowieso schon eine gestaffelte, höhere Einstiegsgrenze bis zum 65. Lebensjahr, die dem demografischen Faktor Rechnung trägt. Ab dem Jahrgang 1964 sind es dann 65 Jahre.
Wer zum Beispiel 1958 geboren ist und nach 45 Arbeitsjahren mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen möchte, kann das gar nicht. Entweder er wartet, bis er 64 Jahre (siehe Jahrgangstabelle für besonders langjährige Versicherte) alt ist und geht dann abschlagsfrei in Rente, oder er muss, trotz seiner 45 Jahre, mit einem Abzug von 10,8 Prozent für die gesamte Laufzeit seiner Rente rechnen. Dieser Abzug ergibt sich daraus, dass die Berechnung auf die Regelaltersgrenze, in diesem Fall also 66 Jahre, gerechnet wird.
Und warum reden wir immer nur über die Rente? Wir sollten auch über Beamtenpensionen sprechen, die genau von diesen Arbeitnehmern/Rentnern finanziert werden. Hier fände man erhebliches Einsparungspotenzial und könnte einiges zur sozialen Gerechtigkeit beitragen. Aber an diese heilige Kuh traut sich in der Politik niemand ran.
Warum sollte man sich auch den Ast absägen, auf dem man im Zweifel selbst sitzt? Tatsache ist, dass das durchschnittliche Pensionsniveau im Jahr 2015 mit circa 68 Prozent deutlich höher lag als das vergleichbare Rentenniveau nach 45 Arbeitsjahren mit rund 48 Prozent. Das durchschnittliche Pensionsniveau wäre noch deutlich höher, wären nicht viele Beamte (Zahlen 2015) mit weniger als 40 Arbeitsjahren in den Ruhestand getreten.
Warum also nicht mal zur Abwechslung die Diskussion um die abschlagsfreie Rente mit 63 beenden und durch eine "Reform beziehungsweise Angleichung der Beamtenpensionen" ersetzen?!
Außerdem sollte die Babyboomer-Generation mal genau ihre Nettorente berechnen. Rentenbesteuerung, Aufstockung des Rentenalters und Absenkung des Rentenniveaus lassen grüßen. Einige werden erstaunliche Ergebnisse erzielen.
Bernhard Schneider
Ayl

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