Verkehr

Zu den Leserbriefen "Jeden Tag schlappe fünf Schiffe [... ] " (TV vom 15./16. September):

Wenn die Tonnagen zur Begründung von Schleusenpassagen angeführt werden, ist das so absurd wie die Schaltung von Verkehrsampeln auf die Sitzplätze in einem Bus abzustimmen. Jeder Tanker zu Tal fährt leer. Die Hotelschiffe fallen nicht unter die Tonnagen, ebenso die Leerfahrer in beiden Richtungen. Wichtiger noch sind die Stoßzeiten vor und nach den Sperrtagen wegen der lang vorher angekündigten Schleusenreparaturen der drei Anliegerstaaten. Weitere Stoßzeiten entstehen durch die Werksferien der Industrie und dem unterschiedlichen Transportbedarf von Schüttgütern. Am Stromkilometer 106 erkenne ich etwa vier Mal pro Tag Talfahrer, die ihre Fahrt drosseln müssen, weil die Schleuse Enkirch belegt ist. Die Wahrnehmung von viel oder wenig Schleusenbetrieb durch Spaziergänger ist eine subjektive Aussage und selbst bei einiger Sachkenntnis anfechtbar. Alle Sportskipper, die mit der Großschifffahrt schleusen müssen, rechnen diese Staus seit Jahren in ihre Urlaubstage ein. Um Wartezeiten zu vermeiden, zahlen die Passagierschiffe hohe Gebühren für einen roten Wimpel, der ihnen ein Vorrecht an der Schleuse garantiert. Die Belastungen der Schleusen sind wie die Staus auf Autobahnen zeitnah zu beurteilen, wobei die Fakten mehrschichtig sind. Marco Feltgen, Traben-Trarbach Die Verfasser weisen in ihren Leserbriefen auf das ihrer Auffassung nach geringe Verkehrsaufkommen auf der Mosel hin. So führt etwa Herr Behrendt unter Berufung auf einen "Bericht der Moselkommission" an, dass im Schnitt "2000 Frachter die Schleusen" passierten, die Tendenz sei im Übrigen stark rückläufig. Die von Herrn Behrendt herangezogenen Angaben sind nicht korrekt und stammen nicht von der Moselkommission. Der Anschaulichkeit halber sei angemerkt, dass 2011 allein rund 2000 Fahrgastschiffe sowie etwa 7500 Güterschiffe die Schleuse Koblenz durchfuhren. Sylvie Bertrand-Péron, Amtierende Präsidentin der Moselkommission, Trier Ich bin sehr erfreut, dass auch andere TV-Leser erkannt haben, welch einen Unsinn unsere Provinzpolitiker mit dem Schleusenausbau vorhaben. Schon im Januar hatte ich in einem Leserbrief über diese Geldverschwendung geschrieben. Um was geht es? Vierhundertfünfzig Millionen Euro (nach oben offen, wie gewohnt) sollen investiert werden, weil es angeblich an den Schleusen durch Stau der Schiffe zu Wartezeiten kommt. Ich wohne an der Mosel und kann vom Balkon aus die Schiffe zählen. Von hohem Aufkommen kann keine Rede sein; ich bezweifle die Richtigkeit der von den Experten genannten Zahlen. Vierhundertfünfzig Millionen Euro sind kein Pappenstiel. In Anbetracht der extremen Staatsverschuldung und dem drohenden Wirtschaftsrückgang sollten die Schleusen-Befürworter von SPD, Grünen und CDU mehr Weitblick und Verantwortung an den Tag legen. Oder sind sie so inkompetent einfallslos, dass nur mit Beton das Problem, sofern es überhaupt eines gibt, zu lösen ist? Steckt vielleicht die Betonlobby dahinter? Apropos Experten: Ich bin verwundert, dass diese keine alternativen Lösungen aufzeigen. Man kann mir nicht weismachen, dass in Zeiten softwaregestützter Logistik (was bei Speditionen, Bahn und Luftfracht alltäglich ist) die Schifffahrt von der Untermosel bis Trier nicht geregelt werden kann. Die Kosten wären im Vergleich zum Schleusenausbau Peanuts. Hans-Joachim Selzer, Bernkastel-Kues Anm. d. Red.: Der Autor ist Vorsitzender des Landesverbands der Deutschen Demokratischen Partei (DDP).

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