Gesundheit Vorbei ist vorbei

Zur Berichterstattung über die Corona-Pandemie schreiben Peter Grasmück, Melanie Coen, Dr. Hermann Severin, Hans-Werner Weisskircher und Melanie Fusenig:

Manchmal ist es leider so. Es gibt im Leben jedes Einzelnen, für ein ganzes Volk, ja sogar für die gesamte Menschheit Zeitmarken der Chancen. Hat man diese nicht genutzt, können die Konsequenzen fatal sein.

Schon vor Monaten hat sich abgezeichnet, dass es wirksame Vakzine geben wird. Und jedem, der sich nur halbwegs mit der Pandemie-Problematik beschäftigt hat, war schon früh klar, dass nur schnelle Massenimpfungen aus der allgemeinen Misere herausführen.

Deswegen ist es vollkommen unverständlich, dass man politisch, sowohl national wie international, nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, schon deutlich früher die Impfstoffproduktion zu initiieren und zu forcieren.

Warum gab es nicht schon früher eine viel effektivere Kooperation zwischen Wissenschaftlern, zwischen pharmazeutischen Produzenten, zwischen verantwortlichen Politikern verschiedener Nationalitäten, zum Beispiel unter Federführung der WHO, der EU, der UN?

In Notsituationen ist Übervorsichtigkeit keine Entschuldigung, Mut ist gefragt.

Warum hat man so lange gezögert, schon deutlich früher mehr Mittel zur Beschleunigung der Produktion einzusetzen? Dazu hätte etwa ein zweistelliger Milliardenbetrag gereicht.

So kostet jede Lockdown-Verlängerung bedeutend mehr. Und das nicht nur finanziell. Allein in Deutschland sind das täglich fast 1000 Tote, viele Schwerkranke, Trauer und Leid.

Gegenseitige politische Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, auch ein Impfgipfel nicht. Denn weder durch Druck, noch durch Argumente, noch durch Finanzspritzen, noch durch Notverordnungen, noch durch sofortige weitere Kooperationen lässt sich die Vakzin-Produktion aktuell steigern. Das alles kostet Zeit, die teuer bezahlt werden muss, und nicht nur mit Geld. Vorbei ist vorbei, Chance verpasst.

Und das könnte tragisch werden, wenn zu viel Zeit zu viel zu vielen Mutationen bei den Viren führt, so dass Impfstoffe unwirksam werden. Und dann wären wir schon wieder im verhassten Lockdown-Chaos. Dass die Entwicklung neuer angepasster Vakzine zur andauernden pharmazeutischen Pflichtaufgabe wird, steht außer Frage.

Leider bleibt uns jetzt nur die Hoffnung, dass das alles gutgeht, dass unsere viel geübten Schutzmaßnahmen helfen, dass die Vakzine wirken, dass die Inzidenz-Zahlen ein erfolgreiches Management zulassen. Immerhin sind für die zweite Hälfte des Jahres massenhaft verschiedene, hoffentlich dann noch wirksame Stoffe zugesagt.

Peter Grasmück, Taben-Rodt

Mein absolutes Unverständnis, dass in den strengen Lockdown-Zeiten immer noch Sport wie Fußball-Bundesliga zu sehen ist! Ist es nicht sinnvoller, die Schnelltests, die im Profisport gemacht werden, für Friseurbesuche et cetera zu nutzen, so dass viele Betriebe geöffnet bleiben oder wieder geöffnet werden könnten?! Die Profisportler können sich eher monatelang über Wasser halten. Ich empfinde es als einen Schlag ins Gesicht, dass die Fußballer sich abklatschen dürfen, im Gegensatz zu Kindern, die nicht zusammen spielen geschweige denn gemeinsam zur Schule gehen dürfen.

Melanie Coen, Schweich

Zum Artikel: „Statistiker: Corona lässt Sterbefallzahlen ansteigen“ (TV vom 30. Januar):

Ja, das ist alles richtig, 2020 sind aufgrund der Corona-Pandemie mehr Menschen gestorben als 2019 oder 2018. Aber im ganzen Artikel werden lediglich Prozentwerte genannt, es sind keine absoluten Zahlen zu finden: Im Dezember sind 29 Prozent mehr Menschen gestorben als im Durchschnitt der vier Vorjahre, im November lagen die Sterbefallzahlen zwölf Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 und so weiter. Wenn man das Statistische Bundesamt zitiert, kann man auch andere Zahlen anführen, die auf www-genesis.destatis.de frei zugänglich sind. Dort findet man zum Beispiel, dass in den Vor-Corona-Jahren 2016 bis 2019 in jedem Jahr in Deutschland über 900 000 Menschen gestorben sind. Das bedeutet, dass rechnerisch an jedem Tag über 2450 Menschen starben – ohne Verbindung zu Covid-19, sondern an ihren jeweiligen Vorerkrankungen.

In Rheinland-Pfalz starben in diesen Jahren jeweils über 45 000 Menschen – rechnerisch an jedem Tag über 120. Die häufigsten Todesursachen: über 331 200 Menschen starben 2019 an einer Herz-/Kreislauferkrankung, über 231 300 Menschen erlagen einem Krebsleiden.

Die Verkündung der „Corona-Zahlen vom Tage“ suggeriert seit Monaten, dass Tod ausschließlich mit Covid-19 zu tun hat. Eine objektive Darstellung müsste lauten: „Am gestrigen Tag starben in Rheinland Pfalz ... Menschen an oder in Verbindung mit dem Virus; insgesamt starben einhundert ... Menschen.“

Es soll hier nicht die Zahl der Covid-19-Toten bagatellisiert werden. Es soll aber daran erinnert werden, dass der Tod für die große Mehrheit der Menschen auch vor Corona in ihren Achtzigern oder Neunzigern kam und auch 2021 für die große Mehrheit ohne Verbindung zu Covid-19 kommen wird. Daher ist richtig, was Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (78 Jahre) zu Beginn des Jahres geäußert hat: „Wir können nicht um jeden Preis jedes Leben schützen, und alles andere muss dahinter zurücktreten.“

Dr. Hermann Severin, Daun

Zum Artikel „In Pandemie-Zeiten boomt die Briefwahl“ (TV vom 1. Februar):

Verfolgt man Entscheidungen unserer Politiker, entdeckt man immer wieder Widersprüchliches. Im TV ist zu lesen: „Genaue Zahlen, ab welchen Corona-Inzidenzen eine reine Briefwahl geboten ist, gibt das Gesetz schon mal nicht her. Dort ist von ,einer Naturkatastrophe’ oder einer ,anderen außergewöhnlichen Notsituation’ die Rede, um alleinige Briefwahl zu erlauben.“ Und reine Briefwahl könne „nur angeordnet werden, wenn in dem betroffenen Gebiet das öffentliche Leben insgesamt weitgehend zum Erliegen gekommen ist“, wird Landeswahlleiter Hürter zitiert.

Jedoch wird im Nachtragshaushaltsgesetz 2020 der Landesregierung festgehalten: „Die Corona-Pandemie ist eine Naturkatastrophe im Sinne von Artikel 117 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a der Verfassung für Rheinland-Pfalz.“ Hier hat man flugs die Epidemie als Naturkatastrophe bestimmt, um finanzielle Ressourcen legitim aufzumachen, um wiederum die Folgen des eigenen Handelns mit öffentlichen Mitteln zu begleichen. Solange die Pandemie nicht offiziell als beendet erklärt wird, handelt es sich also nach der Gesetzesänderung um eine Naturkatastrophe. Somit wäre eine reine Briefwahl geboten. Hat man die Gesetze, die man gemacht hat, vergessen? Oder will man keine reine Briefwahl? Wieder eine Ungereimtheit in dem Corona-Wirrwarr.

Innenminister Roger Lewentz nennt dann folgende Messlatte: „So lange Menschen im Supermarkt oder beim Bäcker Brot kaufen können, können auch die Wahllokale geöffnet werden.“ Diese Logik setzt voraus, dass man dem Bürger großzügig die Wahl zubilligt: Brot kann per Post bestellt oder im Laden gekauft werden. Der Bürger kann trotz Maßnahmen frei entscheiden. Immerhin.

Hans-Werner Weisskircher, Igel

Zum Artikel „Wird Fernunterricht zur Normalität?“ (TV vom 29. Januar):

Es ist mehr als frustrierend, was da im Volksfreund zu lesen ist, und man kann auch nur noch den Kopf schütteln, was die unterschiedlichen Interessenvertreter unter Fernunterricht verstehen. Die Wahrheit ist, dass nicht alle Bundesländer und geschweige alle Schulen in einem Landkreis dasselbe Konzept verfolgen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, jeder gibt anderen die Schuld, warum dieses oder jenes nicht umgesetzt wird. Es fehlt an einer einheitlichen Richtlinie, wie Fernunterricht gestaltet werden sollte und wie die Balance zwischen videogestütztem Unterricht und dem Erteilen reiner Arbeitsaufträge auszusehen hat. Die Schüler sind die Leidtragenden bei der ganzen Geschichte. Ob es jetzt daran liegt, dass die technischen Voraussetzungen fehlen oder aber die fehlende Unterstützung beim Erarbeiten des Lernstoffs. Den Kindern fehlt schlicht und ergreifend ein persönlicher Kontakt zum Lehrer und auch Erklärungen zu den teils neuen Themen.

Wenn also die Zukunft im Fernunterricht liegt, muss noch einiges besser werden, und vor allem müssen die Voraussetzungen für alle Schülerinnen und Schüler die gleichen sein, damit die Bildungsschere nicht noch weiter auseinanderklafft. Ebenso ist es notwendig, dass die Lehrerinnen und Lehrer für diese neue Form des Lehrens offen sind und sich dieser Thematik nicht verschließen. Nur ein einheitliches Konzept für alle Bundesländer und alle Schulformen kann hier zielführend sein.

Melanie Fusenig, Mutter dreier schulpflichtiger Kinder, Sirzenich

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