Gesellschaft Wann zieht endlich jemand die Notbremse?

Zur Berichterstattung über die Diskussion um Rassismus und politisch korrekte Sprache schreiben Bernhard H. Gross und Karl-Günter Kirsch:

Diese entsetzliche gekünstelte Überkorrektheit, die uns von einer merkwürdigen kleinen Minderheit aufgezwungen wird und die sich mehr und mehr als ein nach hinten losgehender Schuss herausstellt … man könnte diesen Leserbrief sicherlich auch als Hilferuf verstehen.

Es sei mit Nachdruck vorausgeschickt, dass ich mich weder als Rassist oder als Antisemit oder als Antiziganist sehe, und ich habe mit jedwedem rechten Gedankengut rein gar nichts zu tun: Jeder einzelne Mensch (um neu-korrekt zu bleiben: natürlich auch jede Menschin!) auf diesem Globus ist gleichwertig, egal welcher Ethnie oder Religion er oder sie (oder „es“ oder „sier“?) angehören mag! Aber wer zieht denn endlich mal die Notbremse und stoppt den leidigen Unsinn mit dieser stupiden Sprachverunglimpfung?

So hat die jüngst erfolgte Umbenennung von „Zigeunersoße“ in „Paprikasoße Ungarische Art“ nichts mit der auf einmal modernen „political correctness“ zu tun, die bei vielen offenbar mehr und mehr den Verstand zu verdrängen scheint, sondern sie ist neben dem unsäglichen Gender-Quatsch mit der Vergewaltigung unserer Muttersprache eine weitere linguistische Ver(w)irrung.

Denn wer Begriffe wie Neger, Mohr, Zigeuner, Jude negativ konnotiert, ist an seiner Dummheit nicht nur selber schuld, sondern wird auch durch diese „Verunsprachlichung“ kaum zu belehren oder gar zu bekehren sein. Echte Rassisten erst recht nicht!

Im Gegenteil: Dass beispielsweise bei den Sternsingern kein „Schwarzer“ mehr dabei ist (nicht mehr dabei sein darf), ist vollkommen überzogen; schließlich war laut Überlieferung ein dunkelhäutiger Mensch (!) damals mit dabei. Nicht nur, dass es sich hier um Religionsgeschichtsverfälschung handelt – jetzt werden über die Sternsinger dunkelhäutige Bürger sogar ausgegrenzt! Ebenso wie eine Schokoladenmarke ihren „Mohr“ als Markenzeichen kurzerhand verschwinden ließ, gleich so, als ob sie jetzt nur noch weiße Schokolade herstellen würde. Und wenn nun ein alteingesessenes Trierer Café umbenannt und eventuell noch die Trierer Mohrengasse umgetauft werden soll … was, bitte schön, soll daran korrekt sein? Das ist Ausgrenzung pur: Lasst uns die Existenz dunkler Hautfarbe doch gleich ganz leugnen! Wenn es keine Neger mehr gibt, gilt das wohl auch für Roma und Sinti? Und wenn wir den Zigeuner aus unserer Sprache verschwinden lassen, lassen wir auch den Juden aus unserer Sprache verschwinden? Na bravo: Dann sind wir ja nicht mehr weit von den 30er und 40er Jahren entfernt!

Ganz im Ernst: Wer soll hier warum und von wem zu was umerzogen werden? Vielleicht mögen die ursprünglichen Gedanken der Initiatoren ja ehrbar und löblich sein – gleichwohl aber läuft deren Umsetzung in die völlig falsche Richtung.
Um auf die Geschlechter-Sprachverunstaltungen zurückzukommen: Ich kann auf solche Unsinnigkeiten nur noch mit Kopfschütteln und Sarkasmus reagieren. Wie wäre es, wenn wir zum Beispiel auch den frauenfeindlichen Bürgersteig (Artikel: der = maskulin, pfui!) umbenennen, etwa in „Steig für Bürgerinnen, Bürger und Diverse“?

Immerhin kann ich die „Leser*innen/div“ mit einer Gourmet-Empfehlung trösten (und man/frau/div mag mir den mir aufgezwungenen Sarkasmus bitte nachsehen): Paprikasoße Ungarische Art schmeckt hervorragend zu Zigeunerschnitzel.

Bernhard H. Gross, Trier

Man soll ja Wörter wie Ne... oder Zig...schnitzel nicht mehr benutzen. Darf man noch Führerschein sagen oder nur noch Fahrerlaubnis?

Karl-Günter Kirsch, Bernkastel-Kues

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort