Warum hat er geschwiegen?

Warum hat Günter Grass seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS überhaupt verschwiegen? Wie tausende gleichaltriger Jungen konnte er seine Einberufung zur SS nach seiner Dienstzeit als Luftwaffenhelfer kaum verhindern.

Ich selbst war damals im gleichen Alter und wurde zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Nach rein militärischer Ausbildung sollte die Einheit von der Wehrmacht übernommen werden. Wie sich später herausstellte, ging ein großer Teil der Einheit unter dem Druck der Ausbilder und der SS-Werber "freiwillig" zur Waffen-SS. Die Werber kamen sogar auf unsere Stuben, um uns zu überreden. Wenn man sagte, man wolle zur Luftwaffe, bekam man die Antwort: Wer fliegt denn noch da oben? Sind wir das etwa? Oder wollt ihr bei der Marine mit einem U-Boot absaufen? Kommt zu uns, bei uns bekommt ihr drei Monate Ausbildung, 14 Tage Heimaturlaub und erst dann kommt der Einsatz. Ich konnte der SS nur entkommen, weil ich mich freiwillig als Offiziersbewerber gemeldet hatte. Als unsere Einheit Ende März 1945 aufgelöst wurde, erhielt ich wie andere Offiziersbewerber Heimaturlaub, während ein Teil der Kameraden zur Waffen-SS überstellt wurde. Viele davon sollen noch im Fronteinsatz gefallen sein, oder sie endeten als Kriegsgefangene in belgischen Bergwerken. Einen neuen Marschbefehl, der vor meiner Heimkehr meine Mutter erreichte, hatte diese ohne mein Wissen verbrannt. Die Amis hatten uns bald "befreit", und ich entkam der Wehrmacht, ohne vorher von der Feldgendarmerie geschnappt zu werden. Paul Düllmann, Newel

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