Wer glaubt, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet ...

Zum Artikel "Master oder Bachelor: für die Karriere völlig egal" (TV vom 16. April):

Also: völlig egal, ob Uni/FH, Bachelor/Master. Eine FH kommt auf diese epochemachende Erkenntnis. Getreu der Regel: "Traue nur der Statistik, die du selbst manipuliert hast", fragt man sich, was man davon hält.

Dazu einige Gedanken: Fachhochschulen bemühen sich seit Jahren, gleichwertig zu Universitäten anerkannt zu werden. Ist es logisch, in sechs Semestern den Wissensstand zu erwerben, für den ein Diplomand vorher acht Semester benötigte? Das glauben nur Politiker, die für diesen Unsinn verantwortlich sind oder jemand, der glaubt, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet.

Die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz erkennt den Bachelor nicht als gleichwertig zum Diplom-Ingenieur an, sondern nur den Master. Wer also Bachelor ist, kann nicht in die Kammer aufgenommen werden.

Die Datenbasis ist für eine qualifizierte Studie zu schmal, die Umstellung von Diplom- auf Masterstudiengang hat erst in den letzten zwei Jahren flächendeckend stattgefunden. Vergleichbare Bewerber sind also kaum auf dem Markt.

Personalverantwortliche in Unternehmen wissen genau, ob sie einen FH- oder Uni-Absolventen einstellen wollen. Der Titel verschleiert zwar die Hochschulart, woher der Kandidat kommt, steht im Zeugnis.

Wer die Studenten mit dieser Meinung "egal woher und egal welcher Abschluss" ihre Lebens- und Ausbildungsplanung machen lässt, versündigt sich am akademischen Nachwuchs.

2012 kommt wohl die Meldung, dass Orthopäden nicht mehr benötigt werden, weil Physiotherapeuten gleichwertig sind. Schlimm ist nicht nur diese schlampig gemachte Studie an sich, sondern vielmehr, dass deren Ergebnisse unreflektiert von der Presse weiter gegeben werden. Aber Spitzenredakteure der FAZ müssen auch damit leben, dass "Bild"- und TV-Mitarbeiter sich auch "Journalist" nennen dürfen.

Dr.-Ing. Hartmut Garth, Brauneberg

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