Polizei Wir sind alle Afrikaner
Zur Berichterstattung über die Rassismus-Debatte schreiben Marius Rositzka, Jürgen Teusch, Alyah Schenk und Annette Uerschels:
Winston Churchills abfällige Äußerungen über Inder waren verschiedenen Demonstranten-Gruppen im Rahmen der aktuellen Black-Lives-Matter-Proteste Grund, um eine Schändung seiner Statue auf dem Londoner Parliament Square anzudrohen. Britische Behörden deckten die Statue daher ab. Nun ist es nicht so, als ließen sich diese Äußerungen Churchills wegdiskutieren oder schönreden. Doch die zugrundeliegende Annahme, dass Churchill deswegen erinnert würde und seine positive Erinnerung wegen solcher Äußerungen alleine beendet werden sollte, erscheint mir absurd. Der Mann, der Großbritannien als eine von nur zwei Nationen der Welt aktiv in den Krieg mit dem rassistischen Hitler-Deutschland geführt hat, soll nun, reduziert auf seine teilweise zweifellos rassistischen Ansichten, aus der Erinnerung seines Landes gestrichen werden.
Karl Marx veröffentlichte in den 1840er Jahren eine Streitschrift, in der er sich auf Bruno Bauers Thesen zum Judentum bezog. Wie antisemitisch Marx nun selbst war, mag dahingestellt sein. Seine Äußerungen zum Judentum waren aber sicher antisemitisch in ihrer Form. Erst seit kurzem steht in der Nähe der Trierer Porta Nigra eine Statue zu Ehren des wohl bekanntesten Sohnes der Stadt. Konsequenterweise müsste doch diese Statue dann genau so wieder entfernt oder geschändet werden. Er war weiß, ein Mann und hatte zumindest rassistische, speziell antisemitische Tendenzen, wenn schon nicht erklärte Ansichten. Zum Glück für die politische Linke, die ja maßgeblicher Träger der Black-Lives-Matter-Proteste – auch in Deutschland – ist, war Marx aber eben auch genau das: ein Linker. Daher stellt sich die Frage für ihn wohl nicht so dringend wie im Falle eines Konservativen wie Churchill. Mein Argument ist nicht, dass die Marx-Statue abgerissen oder geschändet werden sollte. Vielmehr möchte ich mit dieser Gegenüberstellung darauf hinweisen, dass die Diskussion, wie so oft, nicht ausgeglichen geführt wird, sondern nur eine bestimmte Art von Menschen Ziel der linken Damnatio memoriae wird.
Marius Rositzka, Freiburg im Breisgau
Feuerwehrleute, Ärzteschaft, Krankenpfleger, Altenpfleger – das sind in Deutschland die angesehensten Berufe vom Platz eins bis vier. Bevor jetzt der Genderstorm los geht, natürlich auch und gerade die Frauen in diesen Berufen. Wobei ich persönlich höchsten Respekt vor den Freiwilligen bei der Feuerwehr habe, alles im Ehrenamt und alles in der Freizeit. Ebenfalls höchsten Respekt zolle ich allen Altenpflegerinnen und Altenpflegern. Wessen Eltern Pflege bedürfen, kann das sicher bestätigen. Auf Platz fünf kommt dann schon in Deutschland – o Wunder – die Polizei, obwohl diese ja latent mit Rassisten durchsetzt sein soll. 84 Prozent der Deutschen anerkennen die Leistung dieses Berufs. Na so was!
Um Polizeiarbeit in Deutschland zu bewerten und zu beurteilen, sollte man diese doch mal begleiten. Am besten in großen Städten, auch mal an Brennpunkten und nicht nur einen Tag lang, sondern mal einen ganzen Monat lang, natürlich inklusive einiger Nachtdienste. Das könnte zu einem eventuell anderem Ergebnis führen, vielleicht sogar mit ganz unliebsamen Erkenntnissen.
Jürgen Teusch, Wittlich, seit fast vierzig Jahren bei der Polizei Rheinland-Pfalz
Ich finde es traurig, dass wir im 21. Jahrhundert noch so sehr mit Rassismus, Mobbing und fehlender Gleichberechtigung zu kämpfen haben. Es kann nicht sein, dass man nur, weil man anders aussieht, eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder Sexualität hat oder wegen seines Gewichts Angst haben muss rauszugehen. Es kann nicht sein, dass man aus diesen Gründen Gewalt ausübt. Es kann nicht sein, dass ein Weißer einen Schwarzen auf Grund seiner Hautfarbe beleidigt und angreift. Es kann nicht sein, dass Menschen sterben müssen, um auf diese krasse Art von Rassismus aufmerksam zu machen. Der Fall von George Floyd ist kein Einzelfall, und die Gesetze, die es für Totschlag gibt, sollten entsprechend angewendet werden. So etwas darf nicht geduldet werden.
Kein Mensch wird als Rassist geboren! Nelson Mandela sagte einst: „Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann ihnen auch gelehrt werden zu lieben. Denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“ Ich stimme ihm darin vollkommen zu. Ich merke selber immer wieder, wie Leute komisch angeschaut werden oder dass über sie gelacht wird, nur weil sie anders aussehen. Aber mal ganz ehrlich, es wäre doch total langweilig, wenn jeder gleich aussehen würde.
Leute, die andere Menschen beleidigen und diskriminieren, machen das nur, weil sie nicht mit sich selbst zufrieden sind und sich besser fühlen, wenn sie andere Leute runtermachen, damit die sich auch schlecht fühlen. Wir sind alle Menschen. Wir machen alle Fehler, aber wir können uns auch entschuldigen. Jeder Mensch sollte gleichbehandelt werden! Wir leben nicht mehr in der Steinzeit und man sollte etwas zeitgemäßer handeln – wie es unser Grundgesetz vorsieht. Jeder, wirklich jeder sollte nach solchen Vorfällen gewaltig darüber nachdenken, ob er sich nochmals in einer Form äußern sollte, dass es einem anderen Menschen schadet. Ich will und kann einfach nicht stumm zusehen und mir die Geschichten meiner Mitschüler anhören, wie sie tagtäglich mit Rassismus konfrontiert werden. Es ist beschämend, dass es in einer modernen Welt noch zu solchen Äußerungen kommt und dass es Politiker gibt, die sich zurückziehen, als ob es nichts wäre. Das geht einfach nicht!
Gerade jetzt merkt man, dass viele Leute einfach zu feige sind oder keine Lust haben, irgendetwas zu unternehmen. Aber es gibt zum Glück auch andere! Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Herkunft, die sich für die stark machen, die zu schwach sind, um selber aufzustehen und sich zur Wehr zu setzen. Nicht nur in Amerika werden Menschen wegen ihrer Hautfarbe getötet, auch in Deutschland ist dies schon vorgekommen. Es sollte sich jetzt jeder mal hinsetzen und mindestens 8:46 Minuten, denn genau so lange musste George Floyd leiden, darüber nachdenken, was wirklich alles schief läuft in dieser Welt und wie er in Zukunft mit seinem Umfeld umgeht, ganz egal wer er ist und wie er aussieht.
Aliyah Schenk, 17Jahre, JuPa Trier
Zum Artikel „Politiker aus der Union gegen die Streichung des Begriffs ,Rasse’“ (TV vom 15. Juni):
Der Begriff „Rasse“ in Bezug auf den Menschen ist aus Sicht der Biologie überholt. Es gibt für den Begriff keine wissenschaftliche Begründung. Bereits im Jahr 1995 erklärte die Unesco, „dass die Anwendung des Rassebegriffs auf den Menschen nicht haltbar sei“. „Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung.“ Dieser Satz ist der Kern der Jenaer Erklärung von 2019. Die Stellung einzelner Gruppen basierte auf willkürlich herausgegriffenen Merkmalen wie Hautfarbe oder Haarstruktur. Allein die Hautfarbe hat sich immer wieder verändert und ist dunkler oder heller geworden, sie variiert kontinuierlich mit der Strahlungsintensität auf der Erde. Die Hautfarbe eines Khoisan (Bevölkerungsgruppen des Südens und Südwestens Afrikas) aus Südafrika ist weniger pigmentiert als die von Menschen, die in Südostasien oder in Südamerika entlang des Äquators leben. Basierend auf molekulargenetischen Analysen geht man davon aus, dass Homo sapiens in Afrika entstanden ist und sich von dort über andere Kontinente verbreitet hat. Aus stammesgeschichtlicher Sicht sind wir alle Afrikaner. Die genetischen Unterschiede all dieser Nachkommen sind zwischen den einzelnen Gruppen äußerst gering. Aus fachlicher Sicht gehört der Begriff „Rasse“ gestrichen. Wird jedoch dadurch Intoleranz und Rassismus verhindert? Ich wage es zu bezweifeln.
Annette Uerschels, Schweich