Wirtschaft

Zum Artikel "Eltern sind oft schlechte Berufsberater" (TV vom 28. Mai):

Ich finde, dass die Betriebe zu sehr ihre "Opferkarte" ausspielen. Die Ursache, warum so wenige junge Leute an Berufsausbildung und deren Abschluss interessiert sind, findet man bei den Betrieben. Viel zu oft werden Auszubildende nur eingestellt, um drei Jahre lang Billigpersonal zu haben. Den wenigsten Unternehmen geht es darum, Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vermitteln, sondern einfach nur darum, einen Platzhalter für eine Vollzeitkraft zu haben und unangenehme, lästige Arbeiten abzudrücken, stets mit dem Spruch, dass Lehrjahre keine Herrenjahre seien. Aber die Zeiten haben sich geändert, ebenso wie der Umfang der zu vermittelnden Kenntnisse in der Masse und Qualität. Obwohl viele Methoden bei der Ausbildereignungsprüfung vermittelt werden, werden nur wenige oder keine angewandt. Spätestens durch Flurfunk bekommt man mit, wie schlecht es steht um die Karriereperspektive im Ausbildungsbetrieb oder generell, trotz guter Leistungen in Schule und Betrieb. Zeit ist Geld, und daher investieren die Unternehmen selten in die Auszubildenden, meist noch nicht mal die Zeit, etwas ausführlich zu erklären. Viel mehr werden diese meistens sich selbst überlassen: An dem Beruf interessierte Azubis eignen sich die Kenntnisse privat an, um den vorgeschriebenen Stoff zu lernen, der nach der Ausbildungszeit geprüft wird. Gruppe zwei resigniert, die Leistungen fallen ab, oder sie bricht die Lehre ab. Eine Vielzahl der Betriebe unterscheidet bei der Bezahlung nicht mehr zwischen ausgebildeter Fachkraft, Quereinsteiger oder Neuankömmling ohne berufliche Kenntnisse, sondern bezahlt einfach alle gleich schlecht. Dass Eltern nicht wollen, dass ihre Kinder einen Beruf lernen, in dem sie später nicht für sich selbst sorgen können, ist verständlich. Viele große Konzerne locken mit der Karriereleiter, es sind aber meist nur betriebsinterne Zertifizierungen - wenn überhaupt -, die auf dem Markt oder in der Branche nichts wert sind. Für Fort- und Weiterbildungen geben Unternehmen fast kein Geld mehr aus. Die Kammern sollten die Ausbildungsbetriebe besser prüfen, auch mal Azubis befragen und auf jeden Fall die Berichtshefte stichprobenartig genau angucken, um Missstände in Ausbildungsbetrieben gezielt aufdecken zu können. Beschwerden sollten ernst genommen werden. Und das Arbeitsamt sollte aufhören, nach dem Prinzip "besser das als nichts" zu vermitteln. Christian Schneider, Trier

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