Wo bleibt die Gegenwehr?

Zum Artikel "Streit um Entschädigung: Wie ein Faustschlag ins Gesicht" (TV vom 29./30. Januar):

Es vergeht kaum ein Tag ohne Berichte über Missbrauchsenthüllungen. Ich selbst war als Kind Messdiener in einer Pfarrgemeinde, in der Missbrauchsfälle vorgekommen sein sollen. In der damaligen Zeit wurde nie ein solcher Vorgang erwähnt oder auch nur ein Verdacht geäußert. Unter uns Kindern hätten wir wahrscheinlich darüber gesprochen. Wobei ich nicht behaupte, dass es keine Vorfälle gab.

Aber warum wartet man 40, 50 Jahre und erhebt dann noch anonym Anklage? Die immerwährend genannte Scham kann ich nicht gelten lassen. Wieso braucht ein unschuldiges Kind, dem so etwas angetan wurde, sich zu schämen? Und was war mit den Eltern, wie haben die reagiert, wenn das Kind zu Hause darüber berichtet hat? Wahrscheinlich wurde dem Kind nicht geglaubt oder gesagt "Schweig' darüber, unser ,Här' macht so was nicht." Also wurde den Übergriffen weiterhin Tür und Tor geöffnet.

In einer Pfarrgemeinde im Nimstal haben zu der Zeit die Eltern in einem solchen Fall reagiert. Der Geistliche wurde abberufen und somit weiterer Missbrauch verhindert.

Ferner frage ich mich heute, nachdem Entschädigungen im Raum stehen, wer wirklich Opfer war und wer nur Trittbrettfahrer ist? Wer soll heute, nach all der Zeit, entscheiden, was wahr ist und was nicht.

Als Nächstes wird den Geistlichen die Prügelstrafe vorgeworfen. Wenn es danach geht, müssten auch alle staatlichen Lehrer angeklagt werden. Die Prügelstrafe war zu der Zeit an der Tagesordnung. Dazu habe ich noch keine Klagen gehört. Das ist unbequem, weil es gegen den Staat geht. Gegen die Kirche ist das einfacher, weil keine Gegenwehr erfolgt. Auch viele Politiker, vor allen Dingen aus den grünen Reihen, blasen zum Angriff gegen die Priester.

Ich stelle mir das Protestgeschrei in Deutschland vor, wenn eine solche Kampagne gegen eine andere Glaubensgemeinschaft gerichtet wäre. Vor allem stört mich gewaltig, dass die gesamte katholische Kirche so verunglimpft wird. Einen guten Christen nenne ich mich nicht, aber wir sind in dem Glauben erzogen und stehen auch dazu. Ich vermisse das Aufbäumen und den Protest der katholischen Kirche gegen die Beschuldigungen und Anfeindungen.

Manfred Kehr, Bitburg

katholische kirche

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