Leserbrief Verkürzen des Sterbeprozesses kann ein humaner Akt sein

Sterbehilfe

Zum Interview „Das Sterben ist ein Teil des Lebens“ (Trierischer Volksfreund vom 13. März):

Es ist für mich unerträglich, dass das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben und auch das Recht, sich dabei Hilfe zu holen, immer noch infrage gestellt werden – trotz des Bundesverfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2020, das diese Rechte ausdrücklich bekräftigt hat. Daher wird es höchste Zeit, dass die Politik in Deutschland für eine klare Gesetzgebung und Rechtssicherheit sorgt. Es wäre schon viel erreicht, wenn sich das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auf medizinisch austherapierte Patienten bezieht, bei denen eine Heilung ausgeschlossen ist. Wann diese Kriterien Geltung haben, kann nur ein Ärzteteam feststellen und bestimmen. Bei diesem Sachverhalt wird weder nach dem Leben eines Patienten getrachtet noch wird davon ein ärztlicher Behandlungsauftrag berührt, sondern lediglich ein Sterbeprozess auf Wunsch des Patienten verkürzt. Daher ist der Einwand von Professor Nagel, „Patientinnen und Patienten müssen sich zu 100 Prozent sicher sein können, dass ihnen ein Arzt, eine Ärztin niemals nach dem Leben trachtet“, für mich völlig irreführend und unangebracht. Warum ist es so schwer, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen wie zum Beispiel im US-Staat Kalifornien, wo todkranke Patienten, die höchstens sechs Monate zu leben haben, ärztlichen Beistand zur Sterbehilfe beanspruchen können?

Wer die Kausalitäten mit all den Problematiken aus der Sicht von Betroffenen nachvollziehen will, der lese das Buch von Irvin D. Yalom und seiner Frau Marylin, die an Knochenmarkkrebs erkrankte und ihren privaten und ärztlichen Werdegang bis kurz vor ihrem Tod beschreibt („Unzertrennlich: Über den Tod und das Leben“). Spätestens nach dieser einfühlsamen Lektüre müsste aus meiner Sicht jedem intelligenten Menschen klar sein, dass Sterbehilfe unter bestimmten Kriterien ein humaner Akt ist und niemals als inhuman gelten kann. Auch hat das Bundesverfassungsgericht besonders hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten im Vordergrund stehen muss und dies von der Gesellschaft zu akzeptierten ist.

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