Wünschelrutengänger, Steinheiler und Wichtigtuer

Zum Artikel "Risse in der Wand: Trockenheit gefährdet Häuser" (TV vom 5. Juni):

Es bewahrheitet sich ein weiteres Mal, dass selbst ernannte Experten irgendein reales oder vermutetes Phänomen zum Anlass nehmen, sich in Szene zu setzen. Da behauptet ein Fachmann für Baugrund, Rissbildung in neuen oder auch schon älteren Häusern würde durch zunehmende Austrocknung des Untergrundes verursacht. Und diese Austrocknung sei Folge des Klimawandels. Für Fachleute ist eine solche Behauptung schlicht Unfug. Warum? Zunächst einmal: Die Behauptung des Herrn Becker, Tone würden beim Trocknen eine Volumenschrumpfung von zehn Prozent erfahren, ist maßlos übertrieben. Bei der Vortrocknung von Tonwaren (vor dem Brennen) rechnet man mit einer Schrumpfung von ein bis zwei Prozent. Weiter: Selbst bei lang anhaltender Sonneneinstrahlung in heißen Sommern reicht die Austrocknung des Bodens lediglich bis in eine Tiefe von 0,4 bis 0,6 Metern. Ein Fundament muss jedoch - wegen der Frostsicherheit - hierzulande mindestens 0,8 Meter tief gründen. Streifenfundamente, die flacher gründen, sind nur im Innern eines Baukörpers zulässig. Ausschlaggebendes Argument gegen die vorgebrachten Behauptungen ist jedoch Folgendes: Alle Klimamodelle der relevanten Forschungsstellen (Potsdam, Reading und andere) - die ich als Geophysiker sehr gut kenne - prognostizieren für Mitteleuropa eine im Jahresmittel im Wesentlichen gleich bleibende Niederschlagsmenge. Lediglich die Verteilung der Niederschläge über die Jahreszeiten wird eine andere sein: zum einen katastrophale Schauer und Gewitter in den (deutlich wärmeren) Sommern, andererseits geringere Niederschläge in milderen Wintern. Sehr lange Hitze- und Trockenperioden ohne Niederschläge mit Austrocknung bis in Gründungstiefen wird es in unseren Breiten aber nicht geben. Wie Wünschelrutengänger, Steinheiler und Esoteriker jedweder Couleur, so setzen auch Wichtigtuer aller Art darauf, dass ihre "Kommentare" wie etwa zur humanogenen Klimaänderung kaum nachgeprüft werden. Hauptsache, sie konnten sich mal wieder in den Medien präsentieren. Eine Qualitätszeitung wie der TV sollte solchen Panikmachern keine Bühne zur Verfügung stellen! Helmut Körlings, Traben-Trarbach Umwelt

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