Berufe Wunderbare Zertifikate

Zum Artikel „Moderne Jobtitel von seriös bis kurios“ (TV vom 15. April) schreibt Marita Schneider:

Aufmerksam habe ich den Artikel gelesen und allerlei Interessantes erfahren. Allerdings vermisste ich einen Hinweis, eigentlich ist es einen eigenen Beitrag wert. Es gibt nicht nur sehr fantasievolle Berufsbezeichnungen, deutsche oder auch anderssprachige, nein, auch mit vermeintlich „sicheren“ Berufsbezeichnungen oder Titeln wirft jeder nach Belieben um sich. Egal, ob es der Masseur ist, in dessen Hände man sich mit seinen Leiden begibt, oder der Therapeut, der einen von seinem Kindheitstrauma „heilt“, oft weiß man überhaupt nicht, in wessen Hände man sich begibt. Masseur darf man sich nach einem Wochenend-Crashkurs nennen, und auf den ersten Blick überhaupt nicht zu unterscheiden von dem Masseur und medizinischen Bademeister (mehrjährige Ausbildung). „Therapeuten“ wachsen zur Zeit ja überall aus dem Boden, außer ein paar Ausnahmen (Ergotherapeut, Psychotherapeut). Ist dieser Begriff nicht geschützt und jeder, der mal Lust auf etwas anderes hat, dem stehen die Türen zu irgendeinem Therapeutenberuf offen?

Manche hängen sich sogar schmückend ein „Dipl.“ an die Berufsbezeichnung, obwohl dies verboten ist, frei nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter. Oft ist in den wunderbar anzuschauenden Zertifikaten nicht zu erkennen, wie lange oder wie qualifiziert die Weiterbildung war.

Deshalb möchte ich an alle Hilfesuchenden appellieren: Sucht euch eine Fachkraft mit solider Grundausbildung. Man kann schlecht einen dreijährigen Ausbildungsberuf oder  ein Studium über mehrere Jahre in wenigen Stunden am Wochenende abhaken.

 Was man heutzutage auf den Tisch legen muss, um eine Hundeschule zu betreiben, ist einiges (und das ist gut so). Umso bedenklicher ist es, welche „Fachkräfte“ teilweise mit traumatisierten/bedürftigen Kindern arbeiten ohne entsprechende fundierte Ausbildung.

Ich appelliere auch an die Verwender schöner Berufsbezeichnungen, bitte, ihr könnt nicht wissen, was Ihr physisch oder psychisch loslöst, wenn Ihr eure Kunden „behandelt“. Und bleibt bei der Transparenz eurer Kompetenzen, damit jeder selbst entscheiden kann, ob er die Wohlfühlmassage nebenan lieber aufsucht oder die Profis in der Physiotherapiepraxis.

Marita Schneider, Konz

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