Wutreden und Stammtischparolen

Zum Sportwetten-Verbot für Hartz-IV-Empfänger (TV vom 11. März):

Wer von Hartz IV leben muss, ist ganz unten in der Gesellschaft angekommen. Ganz unten wie unser ehemals gutes Sozialhilfesystem. Wenn ich jetzt den Richterspruch aus Nordrhein-Westfalen höre ("Hartz-IV-Empfänger dürfen keine Lottoscheine mehr kaufen"), wird mir richtig schlecht und ich bekomme die nackte Angst.

Dürfen Menschen etwa nur wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht mehr nach ihrem Glück streben? Wohin uns die Ausgrenzung ganzer Gesellschaftsschichten führt, sieht man im Dritten Reich oder im früheren Apartheidsstaat Südafrika. Auf den Scheiben der Läden prangten Schilder mit Texten wie "Juden dürfen hier nicht kaufen"; in Afrika standen Parkbänke mit der Beschriftung "Nur für Weiße".

Die Kritik an den Hartz-IV-Empfängern wird vom braven Bürger vollendet, mit Wutreden und Stammtischparolen, in denen man mit Wonne verbal auf diese gesellschaftlich sowieso schon gebeutelte Schicht einschlägt.

Ich stelle fest: Es muss nicht immer eine Diktatur sein, um einen regelrechten Hass zu erzeugen und Solidarität zu zerstören. Manchmal reicht eine Sozialreform aus, kombiniert mit den Vorurteilen vieler Bürger.

Oliver Schuler, Sirzenich



Urteil

Wutreden und Stammtischparolen

Wer von Hartz IV leben muss, ist ganz unten in der Gesellschaft angekommen. Ganz unten wie unser ehemals gutes Sozialhilfesystem. Wenn ich jetzt den Richterspruch aus Nordrhein-Westfalen höre ("Hartz-IV-Empfänger dürfen keine Lottoscheine mehr kaufen"), wird mir richtig schlecht und ich bekomme die nackte Angst. Dürfen Menschen etwa nur wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht mehr nach ihrem Glück streben? Wohin uns die Ausgrenzung ganzer Gesellschaftsschichten führt, sieht man im Dritten Reich oder im früheren Apartheidsstaat Südafrika. Auf den Scheiben der Läden prangten Schilder mit Texten wie "Juden dürfen hier nicht kaufen"; in Afrika standen Parkbänke mit der Beschriftung "Nur für Weiße". Die Kritik an den Hartz-IV-Empfängern wird vom braven Bürger vollendet, mit Wutreden und Stammtischparolen, in denen man mit Wonne verbal auf diese gesellschaftlich sowieso schon gebeutelte Schicht einschlägt. Ich stelle fest: Es muss nicht immer eine Diktatur sein, um einen regelrechten Hass zu erzeugen und Solidarität zu zerstören. Manchmal reicht eine Sozialreform aus, kombiniert mit den Vorurteilen vieler Bürger. Oliver Schuler, Sirzenich

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