Zu hart

Sechs Monate Haft auf Bewährung und 150 Stunden Arbeit, damit das Urteil spürbar wird, so urteilte das Wittlicher Amtsgericht gegen einen Zeugen des Totschlagsdeliktes von Manderscheid. Ein Iraner, ohne Rechtsbeistand, womöglich auch noch ohne Eintrag im Strafregister und aufgrund seiner mangelnden deutschen Sprachkenntnisse sicherlich ohne große Gegenwehr in der Selbstverteidigung; kann da überhaupt ein gerechtes Urteil zustande kommen?

Ein halbwegs guter Rechtsanwalt hätte zumindest den Notrufmissbrauch aus der Welt geschafft. Wenn der Verurteilte angibt, wie im TV berichtet, er habe zehn Mal die Polizei angerufen, so ergab doch die Überprüfung der Notrufprotokolle nur eine dreimalige Inanspruchnahme. Also wären die übrigen sieben Mal zu normalen Dienstnummern der Polizei aufgelaufen, was jedoch nicht unter Notrufmissbrauch fallen dürfte. Ob bei den übrigen drei Mal ein vorsätzlicher Notrufmissbrauch vorlag, ist sehr stark zu bezweifeln, da der Iraner davon ausging, in der Nachbarwohnung stimmte etwas nicht, was ja auch am betreffenden Abend gegen 21 Uhr Bestätigung fand. Beleidigung und Verleumdung sind Strafdelikte und müssen geahndet werden. Es dürfen aber Strafen für derartige Delikte nicht höher ausfallen, als für andere schwerer wiegende Straftaten. Dieses Urteil, ob mit oder ohne Kreuz im Sitzungssaal, ist zu hart ausgefallen. Hoffentlich hat der Übersetzer dem Verurteilten Iraner auch die Fristwahrnehmung für die Berufung richtig mitgeteilt. Manfred Kloep, Gerolstein

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