Politik Zwei Dinosaurier

Zur Berichterstattung über das Ringen zwischen Armin Laschet und Markus Söder um die Kanzlerkandidatur der Union schreiben Gerd Schroeder und Jörg Wiesenfeldt:

Unwohl (speiübel) wird mir, wenn ich daran denke, dass ein ge­wisser Markus Söder sich als Kanzlerkandidat geriert und dank seiner Machtbesessenheit sich in bisher nicht vermutete Höhen aufschwingt. Als noch vor kurzem das Medieninteresse auf eine vermeintliche Kanzlerkandidatur Söders gelenkt wurde, war er es doch, der ein solches Ansinnen weit von sich wies und unentwegt tönte: „Mein Platz ist in Bayern!“ Liebe CDU-Wähler, nehmt ihn beim Wort! Herrn Söder empfinde ich als aalglatt; man erinnere sich an die Dreieinigkeit, als es um den Parteivorsitz der CSU ging: nach außen Friede, Freude, Eierkuchen und innerlich eine nicht zu überbietende Zerrissenheit zwischen Söder, Dobrindt und Seehofer.

Herr Söder pflegt eine miserable Gesprächskultur. Ob in Talk-Shows, politischen Gesprächsrunden (MPK, BLK) et cetera – ständig hat er das letzte Wort; und immer hat er noch einen Ticken zum „Draufsetzen“. Mit seiner Unart – lange Monologe zu führen mit umgekehrt proportionalen Sinngehalten – lässt er ganz einfach keine Zwischenfragen zu. Die ständigen Alleingänge, das häufige Vorpreschen die Corona-Politik betreffend, Lobhudeleien à la „Bayern first“, „Wir machen es besser als andere Bundesländer“ oder die Redewendung „Mia san mia“ zeugen von einem abgehobenen und ungerechtfertigten Selbstbewusstsein; das hat Parallelen zu einem mittlerweile abgehalfterten Staatsoberhaupt ...

Populismus, das Drehen seines Fähnleins in den Wind, Stimmen­fang am rechten Rand – das ist das Handwerkszeug, das Söder beherrscht. Etwas zur Solidarität des Freistaates: was den Länderfinanzausgleich angeht, scheint es Bayern an einer solidarischen Haltung gegenüber den restlichen Bundesländern zu mangeln; es wird ganz vergessen, mit welchen finanziellen Hilfen das bayerische Wohlergehen früher einmal unterstützt worden ist. Nun lehnt Herr Söder es ab, einen angemessenen Beitrag zum Länderfinanzausgleich zu leisten, um ärmeren Bundesländern zu helfen. Trotz meiner großen Distanz zu den C-Parteien wage ich die Behauptung, dass es denn ein Armutszeugnis für CDU und CSU wäre, wenn sie nicht andere, sprich besser geeignetere Kanzlerkandidaten aufbieten könnten!

Gerd Schroeder, Gusterath

Es ist unerheblich, welcher Kandidat die CDU/CSU in die zu erwartende Niederlage führt. Mit ihrer Sabotage jeder Art vernünftiger Klimapolitik, dem Aufschub des Kohleausstiegs bis 2037, dem Festhalten an North Stream 2, dem Lobbyismus für den Absatz von SUV auf EU-Ebene, der Verhinderung eines Tempolimits, des Ausbaus von Stromtrassen nach Bayern, der Sabotage des Windkraftausbaus ... der Zerstörung der EU durch das Hätscheln von Orban, dem Umgang mit Macron, der herzlosen Hinnahme von Massen-Jugendarbeitslosigkeit im Europäischen Süden in der Finanzkrise ... einer desaströsen Drogenpolitik zum Wohl von Tabak- und Alkoholindustrie nebst Zeitungsverlegern ... einer bigotten Familien- und Schulpolitik mit dem starren Festhalten an der frühen Trennung der Kinder in Gymnasiasten und den Rest ... haben sich diese Dinosaurier der Politik hoffentlich für mindestens drei Legislaturperioden auf die Oppositionsbänke katapultiert.

Jörg Wiesenfeldt, Trier (aus Verzweiflung über den Gang der Dinge 2017 bei Bündnis 90/Die Grünen eingetreten)

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