Liss

Ich bin sauer. Stinksauer.

Das ganze Geschwätz über Authentischsein - ich kann es nicht mehr hören. Wovon ich rede? Na wovon bloß. Von d e m Film im Hunsrück. Vom neuen "Heimat"-Film von Edgar Reitz. Ich habe mir so sehr gewünscht, wenigstens eine Komparsenrolle in dem Auswanderer-Epos spielen zu dürfen. Zumal der Morbacher Regisseur immer viele Laienschauspieler engagiert. Und schauspielern kann ich ganz gut. Sagt immerhin mein Hermann. Und der muss es ja wissen. Wenn ich ihm glaubhaft versichere, dass im Supermarkt seines Vertrauens seine Biersorte ausverkauft ist oder wenn seine Kumpels vorbeikommen wollen, ausgerechnet wenn ich Großputz machen will … Aber trotzdem, aus der Filmrolle wird nichts. Aus der Traum! Und woran es scheitert? An meinem Hunsrücker Platt? Wohl kaum. Das habe ich ja mit der Muttermilch eingesogen. Ihr werdet es nicht glauben. Es scheitert an meiner Figur! Im 19. Jahrhundert gab es im Hunsrück keine Rubens-Figuren, haben die Leute vom Set erklärt. Da wurde Hunger gelitten. Und danach sollen die Schauspieler auch aussehen. Kleidergröße 32, 34, 36, höchstens 38. In Worten: Achtunddreißig ... Damit ihr es wisst. Ich habe ja geahnt, dass die Figur eine Rolle spielt. Und seit Wochen habe ich mir vieles verkniffen: gefüllte Klöße, die Sauce zum Sonntagsbraten und die Sahnetörtchen, die ich bei meiner Freundin Walburga immer bekomme. Aber Kleidergröße 38 ... Das tragen ja nur echte Hungerhaken. Und warum das alles? Weil der Film möglichst authentisch sein soll. Also möglichst echt. Eines will ich euch, liebe Filmleute, mal sagen. Meine Speckröllchen sind echt, jedes einzelne von ihnen. Das kann euch mein Hermann notfalls schriftlich geben, sagt

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