Mensch ... Justin Bieber!

Fast übermannt einen dieser Tage das Mitleid, wenn man die Schlagzeilen sieht, die im Zusammenhang mit Ihrem Namen veröffentlicht werden. Letztes Jahr um diese Zeit waren Sie noch Everybody’s Darling, der netteste Junge aus dem Pop-Business, Mamis Lieblings-Schwiegersohn und Töchterchens feuchter Traum – es sind nicht viele, die das schaffen, jedenfalls nicht gleichzeitig. Und jetzt? „Verlierer des Tages“, steht neben Ihrem Konterfei.

Die gleichen Medienleute, die sich vor kurzem noch mit Kosenamen wie "Biebs" und "Jus" an Sie heranwanzten, zählen jetzt die Minuten, mit denen Sie verspätet zu Ihren Konzerten eintreffen - gut, manchmal sind es eher Stunden. Akribisch ermitteln die Feldbeobachter, welcher Club Ihnen mal wieder Hausverbot erteilt hat und welcher Halbstarke Sie gerade wegen Körperverletzung verklagt. Und dann stirbt Ihnen auch noch der Goldhamster weg, und Ihr Kapuziner-Äffchen Mally wird in München beim Zoll beschlagnahmt.

Ganz schön hart für einen Neunzehnjährigen. Ist auf Dauer auch nicht schön, wenn Konzert-Erfolge an der Schrei-Frequenz des Teenie-Publikums oder der Anzahl in Ohnmacht gefallener Mädchen gemessen werden. Da kann man verstehen, dass Sie mal ein halbes Konzert mit dem Rücken zum Publikum zubringen. Wäre mir auch peinlich, dauernd auf die kreischenden Kids zu starren.

Aber immerhin: Wo der Boulevard Sie langsam vom Himmel in die Hölle schreibt, entdecken die Feuilletonisten plötzlich ihr Herz für Sie. Der erste irregeleitete Groß-Kritiker hat schon angefangen, Sie mit den Beatles zu vergleichen, weil die Mädels bei denen einst auch so laut gequiekt haben. Da könnte man auch Beethoven und Heino in einen Topf werfen, schließlich hatte es der eine an den Ohren und der andere an den Augen.

Und trotzdem: Sie haben's echt nicht leicht. Als ich so alt war wie Sie, da gab es für die braven Jungs und Mädels einen Donny Osmond und für die bösen einen Ozzy Osbourne. Das war wie Schalke und Dortmund: Wer den einen liebte, musste den anderen hassen. Aber bei Ihnen erwartet das Business heutzutage, dass Sie beide Seiten bedienen. Da fällt es schwer, die Orientierung zu bewahren.

Aber das mit Ihrem Affen würde ich mir nochmal ernsthaft überlegen. Vielleicht lassen Sie ihn einfach beim Zoll. Der letzte Popstar, der mit einem Affen auf Tournee ging, hielt später auch kleine Kinder aus dem Fenster und ließ sich die Nase so oft operieren, dass sie schließlich abfiel. Und das ist auch keine wünschenswerte Karriere.

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