Mensch ... Philipp Rösler!

Was haben Sie für ein Glück, dass Sie kein Fußballtrainer sind, sondern nur Parteivorsitzender. Da übernehmen Sie ein Team, das noch vor zwei Jahren um die Meisterschaft spielte, und dann verlieren Sie ein Spiel nach dem anderen, fliegen im Rheinland-Pfalz-Pokal raus, steigen in Bremen, Meck-Pomm und Sachsen-Anhalt ab.

Zuletzt holen Sie sich sogar gegen eine bunte Berliner Amateur-Auswahl aus der Bezirksliga eine 2:9-Klatsche. Also beim HSV hätten Sie das nicht überlebt. Doch die FDP hat ein Herz für Loser - eigentlich ungewöhnlich für eine Wirtschaftspartei. Aber irgendwo brauchen ja auch diejenigen ein warmes Plätzchen, die es auf dem freien Markt nie nach oben geschafft hätten. In der Politik geht das rucki-zucki, und ein Haufen halbgarer Teenager mit einem profunden Mangel an Erfahrung übernimmt das ganze Traditionsunternehmen. Ein Musterknäblein als Wirtschaftsminister, ein Yuppie für die Gesundheit, ein Rotzlöffel als Generalsekretär, der sich in der "Berliner Runde" derart wie die Axt im Walde gebärdet, dass man sich dringend wünscht, der Moderator möge ihm die Ohren langziehen. Aber das hat Mutti Merkel ja schon mit Ihnen gemacht. Eigentlich eine Frechheit, von Ihnen zu verlangen, dass Sie sich wie ein Erwachsener benehmen. "Man wird doch wohl noch sagen dürfen, was man denkt", haben Sie bockig zurückgegeben - jeder, der pubertierende Kinder in der Trotzphase hat, kennt diesen Spruch. Man wird doch dem armen Onkel aus Griechenland noch klarmachen dürfen, dass er Ihrer Familie gefälligst nicht mehr auf der Tasche liegen soll. Und wenn deshalb ein paar Börsenkurse abstürzen: Wen juckt das schon. Wo gehobelt wird, da fallen Aktien. Ein bisschen unbehaglich ist mir allerdings schon, dass in einer Wirtschaftswelt, in der ein Schmetterlingsflügelschlag einen Tsunami auslösen kann, an entscheidender Position Leute sitzen, die Politik auf dem Reife-Niveau von "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" machen. Da darf man nämlich auch immer lustig drauflossagen, was man gerade denkt. Aber immerhin haben Sie eines fertiggebracht, was zuvor schier unleistbar schien: Unsere alte rheinhessische Plaudertasche Rainer Brüderle, den berühmten Weinköniginnen-Küsser und Viertele-Schlotzer, zum personifizierten Hort der Solidität und Seriosität unter den Liberalen zu adeln. Zumindest dieses Verdienst kann Ihnen niemand streitig machen. Dieter Lintz

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