Mensch… Kurt Beck!

Jetzt haben Sie den Salat. Über Nacht vom Landesvater zum Landesfußabtreter. Ungebremste Talfahrt – also genau das, was die Achterbahn am Nürburgring bis heute nicht geschafft hat. Schon wieder einer von den Großen, der den richtigen Moment zum Ausstieg verpasst hat. Scheint eine Berufskrankheit bei Politikern zu sein.

 Die FDP hat den Rücktritt von Kurt Beck gefordert. Foto: Boris Roessler

Die FDP hat den Rücktritt von Kurt Beck gefordert. Foto: Boris Roessler

Das ist natürlich auch ein gefundenes Fressen für Ihre alten Freunde von der Hauptstadtpresse. Da dachten Sie damals, mit Ihrer Flucht aus dem ungeliebten SPD-Chefsessel hätten Sie die Herrschaften abgehängt, aber jetzt stellen die Ihnen schon bis nach Mainz nach. Tunnelblick, Totalschaden, Selbstüberschätzung, Trotz, Wirklichkeitsverweigerung: Mit solchen Verbalinjurien werden Sie von FAZ bis taz überschüttet. Einer hat sogar vorgeschlagen, die Eifel-Rennstrecke in "Nürkurtring" umzubenennen. Minimaler Erfolg, maximaler Rufschaden: Das ist die kurz gefasste Bilanz Ihres Ring-Abenteuers - um das festzustellen, braucht man nicht mal einen Insolvenzverwalter. Dabei hätte es so viele Notausgänge gegeben wie Boxenstopp-Optionen bei einem Formel-1-Rennen. Aber die Landesregierung ist über Nord- und Südschleife gebrettert, hat erst die gelben, dann die roten Flaggen überfahren und schließlich das Safety Car überholt. Da darf man sich über die Disqualifikation nicht wundern. Nicht der Versuch, einer strukturschwachen Gegend auf die Beine zu helfen, war der Sündenfall. Sondern die Dickköpfigkeit, mit der einmal gefasste Pläne durchexerziert wurden, auch wenn sie sich als Windeier erwiesen. Und der unbeirrbare Glaube, politischer Wille könne wirtschaftliche Kompetenz ersetzen. Erwarten Sie bloß nicht, dass alle, die das Projekt anfangs mit Schulterklopfen und Kopfnicken begleitet haben, sich noch daran erinnern. "Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg höchstens einen amtlich bestellten Vormund", sagte Ihr britischer Regierungschef-Kollege Herbert Asquith vor hundert Jahren. Kann gut sein, dass dieser Job an Ihnen hängenbleibt. Dieter Lintz

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