Nach der Wahl ist vor der Wahl

Liebe Großkoalitionäre in Berlin, nehmt Euch doch mal ein Beispiel an Luxemburg. Dort haben Sie auch gerade gewählt. Das wisst ihr ja, zumindest bei der CDU. Schließlich heißt es, dass Frau Merkel den abgewählten Jean-Claude Juncker unterstützen wird, wenn er nächstes Frühjahr als Spitzenkandidat für die EVP in Straßburg ins Rennen geht.

Natürlich ist das noch nicht beschlossene Sache. Denn eigentlich wäre Juncker viel besser als nächster EU-Ratsvorsitzender aufgehoben, um den farblosen Herman Van Rompuy zu beerben. Dann müsste er auch nicht den Deutschen Ober-Sozi Martin Schulz im EU-Parlament düpieren, wenn er bei den Wahlen gewänne. Denn was würde die SPD sagen, wenn ihr Koalitionspartner CDU einen Luxemburger unterstützt? Womöglich mit einem Mitgliederentscheid drohen, mit Option auf einen Volksentscheid?

Wir wissen es nicht, noch nicht. Ebenso unklar ist, warum die SPD ihre rund 475.000 Mitglieder befragen muss, um her-auszufinden, ob sie Deutschland mitregieren darf oder nicht. Traut man Machtmensch Sigmar Gabriel gar nicht wirklich zu, dass er so ein "Wir-müssen-die-Basis-Mitnehmer" ist. Ganz abgesehen davon, dass man verfassungsrechtlich drüber streiten kann, ob die Mitglieder einer Partei sagen dürfen, ob eine Regierungskoalition stattfinden soll oder nicht, wo der Koalitionsvertrag schon ausgemacht ist. Der ganze Hickhack zeigt vor allem, dass die SPD ein großes Problem hat: Sie weiß nicht, was sie will. Und das ist immer schlecht.

Deswegen: Beispiel Luxemburg. Die wussten sofort, was sie wollten. Eine Koalition aus Sozialisten, Grünen und Liberalen. Auf dass es nicht wieder eine große Koalition unter der Knute der Konservativen gebe!

Darauf hatten sie viele lange Jahre gewartet. Genau deswegen tut die SPD sich wohl so schwer, mit der CDU eine Ehe der Vernunft einzugehen, und sei es nur für vier Jahre. Aber welche Alternative gibt es? Mit dem Flickenteppich der Linken und den Grünen in eine Regierung zu gehen? Für die Linksgestrickten in der SPD ist die Linke vielleicht noch denkbar, für alle anderen nicht. Mit den Liberalen und den Grünen? Haha, können vor Lachen. Also doch: Opposition? Auf jedenFall aber Neuwahlen - und dann schwarz-grün?

Das könnte in der Bundesrepublik genauso verheißungsvoll werden wie die liberal geführte und rot-grün flankierte Regierung in Luxemburg.

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