4000 Kilometer auf dem Rad durch Europa Deutsch-libanesisches Paar sammelt Spenden für Menschen im Libanon

Kyllburg/Mannheim/Beirut · Die gebürtige Eifelerin Katharina Kohl und ihr Partner Elio Assaf sind auf dem Weg nach Beirut. Hauptreisemittel sind zwei Bikes. Warum sie diese Strapaze auf sich nehmen, haben sie uns erzählt.

 Katharina Kohl und Elio Assaf ganz zu Beginn ihrer Tour in München.

Katharina Kohl und Elio Assaf ganz zu Beginn ihrer Tour in München.

Foto: tv/Katharina Kohl und Elio Assaf

Die junge Frau sitzt gerade im Sattel, als ihr Handy klingelt. Presse! „Oh toll, ich rufe heute Abend zurück, wenn es okay ist. Wir sind gerade auf dem Weg nach Serbien“, sagt eine freundliche Stimme. Ist okay. Und so meldet sich Katharina Kohl, gebürtige Kyllburgerin am Abend nochmal. Wo sie ist? „In Szeged. „An der ungarisch-serbischen Grenze“, sagt sie.

Dass sie im Mai 2021 hier sein würde, hätte sie vor fast einem Jahr wohl nicht gedacht. Denn das war, bevor sie und ihr  Freund Elio Assaf diese Reise geplant haben.  Eine 4000 Kilometer lange Tour über mehrere Wochen von ihrem Wohnort Mannheim über München bis Thessaloniki in Griechenland. 

Quer durch Österreich, Ungarn, Serbien und Bulgarien. Und das alles auf zwei Rädern. Mit rund 40 Kilo Gepäck. Mit Zelt, Campingkocher, Klamotten, Verbandszeug, Medizin. Mit dem, was dringend notwendig ist, verpackt in fünf Taschen am Fahrrad.

100 bis 130 Kilometer am Tag. Mal im strömenden Regen. Mal auf schlechten  Pisten.  Mal in der  Kälte. Eine Strapaze.  „Manchmal tut einem schon der Popo weh“, räumt die 28-Jährige ein.  Aber das sagt sie nur auf Nachfrage. Denn im Vordergrund steht für die Medizinstudentin im letzten Semester und den 31-jährigen Elio, der Arzt an einer Uniklinik ist und von 2016 bis 2018 im Krankenhaus Daun gearbeitet hat, neben dem Spaß am Radfahren vor allem eine Sache: notleidenden Menschen im Libanon zu helfen.

Das Abenteuer im Sattel zweier Gravelbikes  (das sind, vereinfacht gesagt,  Mischungen aus Rennrädern und Crossrad) führt zwar zunächst nach Griechenland. Zielort ist aber Beirut. Dorthin wollen beide am 27. Mai von Athen aus fliegen, da der Landweg über Syrien ihnen zu gefährlich erscheint. 

Dort wohnt Elios Familie. Und dort soll auch das Geld hin, das  beide auf ihrer Reise gesammelt haben. Fast 2000 Euro sind  bisher auf dem Crowdfunding-Portal „Go fund me“ zusammengekommen. Eigentlich, räumt die Eifelerin ein, hätten sie auf mehr gehofft.  Aber  „unter diesen Bedingungen“ sei das schon eine tolle Summe, die beide Anfang Juni an das Rote Kreuz  Beirut  übergeben wollen. „Diese Bedingungen“ heißt Corona.

„Als wir die Reise geplant haben, konnten wir das nicht absehen“, sagt die Studentin, die in einem Impfzentrum arbeitet. Doch aus vielerlei Gründen sei es nun die  für längere Zeit letzte Möglichkeit gewesen, diese Reise zu machen. Covid-19 hin oder her.

Schließlich geht es um die Menschen im Libanon, die dem deutsch-libanesischen Paar sehr am Herzen liegen. Die Situation dort ist wirtschaftlich und politisch sehr angespannt. Durch die Pandemie hat sie sich noch  verschlechtert.  Und auch durch die Explosionskatastrophe am 4. August 2020, die für das Medizinerpaar den Ausschlag gab (siehe Info), diese ungewöhnliche Aktion  zu starten.

Der 4. August 2020: An den Tag erinnert sich die 28-Jährige noch genau. „Elio und ich waren gerade mit dem Rad unterwegs auf unserer Tour von Mannheim nach Kyllburg, und zwar auf der letzten Etappe von Wittlich aus. Da haben wir es erfahren“, erinnert sie sich. Durch ein Video auf dem Handy. Es sei ein Schock gewesen. Die vielen Toten und Verletzten, die kaputten Häuser, die Trauer und später die Wut der Menschen. Elios Familie war auch von der Explosion betroffen; sein Opa wurde verletzt und musste operiert werden.

Das Paar beschließt noch an diesem Tag, zu helfen, etwas zu unternehmen. Da beide gerne Rad fahren, liegt die Tour nach Beirut  nahe. Beide planen also ihr Abenteuer mit dem Titel „ForTheLoveOfBeirut“. Allerdings habe  Corona vieles erschwert. Besonders das Spendensammeln. „Man kann nicht so einfach Leute ansprechen, irgendwohin gehen, wo Menschen sind“, sagt  Katharina Kohl.

Dennoch freut sie sich über die vielen Freunde und Bekannten, die sie unterstützt, ihnen Spenden oder auch ein Bett zum Übernachten angeboten haben. Über ihre Arbeitgeber, die sie freigestellt  haben. Über Menschen, die spontan geholfen haben. Im ungarischen Kecskemét zum Beispiel. „Wir haben dort eine Frau getroffen, die  mit ihrem Hund spazieren ging. Sie hat uns angeboten, bei ihr im Haus zu schlafen“, erzählt Katharina Kohl.

Das wird beiden wohl nicht mehr passieren, wenn sie ab Anfang Juni  nicht mehr auf zwei Rädern quer durch Europa unterwegs, sondern wieder zuhause sind. Aber eins steht fest: Menschen in Not helfen. Das ist nicht nur beider Job. Es ist viel mehr.

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