Politisches Gemetzel

Die Szenerie erinnert an eine Katze, die noch ein Weilchen mit der Maus spielt, bevor sie sie tot beißt. Die Bundesregierung hat diese Maus gefunden, auf der sie auch noch ganz bequem die Verantwortung für kollektive Fehler ablädt, Fehler, die ihren Höhepunkt in der deutschen Libyen-Politik fanden.

Guido Westerwelle, als Außenminister sicher kein Glücksfall, ist gefangen in einem Netz aus eigenen Irrtümern, einem selbstzerstörerischen Festhalten am Amt, teils ungerechten Schuldzuweisungen und Demütigungen aus den eigenen Reihen. Wenn der eigene Parteichef Rösler bei der Klausurtagung der Liberalen vergangenen Dienstag zwar offiziell einen Schlussstrich unter die bereits monatelang dauernde Rücktrittsdebatte zieht, aber nur zwei Tage später in einem Spiegel-online-Interview noch einmal zulangt und keinen Zweifel daran lässt, dass er selbst den Kurs der FDP im Außenamt vorgibt, dann hat er Westerwelle endgültig zur Marionette degradiert. Einmal abgesehen davon bläst sich Rösler auf Kosten seines Partei-,,Freundes" natürlich mächtig auf. Denn auch ihm dürfte bekannt sein, dass Minister gemäß Grundgesetz ihr Amt natürlich eigenverantwortlich leiten und die Richtlinienkompetenz alleine bei der Kanzlerin liegt. Sicher, der gnadenlose Politikbetrieb ist nichts für Mimosen. Aber wer möchte sich dieses Gemetzel eigentlich noch länger ansehen? Westerwelle, ehemals selbst nicht zimperlich im Umgang mit anderen, wird zur mitleiderregenden Figur - nur noch dem Wohl- oder Übelwollen seiner Partei ausgeliefert. Wem so wenig Respekt entgegengebracht wird, kann nicht mehr mitregieren. Dass Rösler Westerwelle dennoch davon abhielt, auf der Klausurtagung die Vertrauensfrage zu stellen, ist ihm vielfach als Schwäche ausgelegt worden. Vielleicht war es aber auch nur kalte Berechnung. Denn wenn die FDP bei den Landtagswahlen morgen in Mecklenburg-Vorpommern und am 18. September in Berlin keine einigermaßen erträglichen Ergebnisse einfahren sollte, wäre in dem ohnehin strauchelnden Außenminister schnell der Schuldige ausgemacht, den man dann endgültig opfern könnte. Dass es fast immer die eigene Partei ist und nicht die Gegner sind, die Politiker hinterrücks zu Fall bringen, hat unter anderen auch Kurt Beck vor jetzt genau drei Jahren erleben müssen. Der langjährige und noch heute amtierende rheinland-pfälzische Ministerpräsident wurde über Nacht von den Sozialdemokraten aus dem Amt des Bundesparteichefs geputscht. Damals berichteten die Medien von einer ,,Notoperation an einer siechenden Partei", die unter Becks Führung beispielsweise keinen überzeugenden Kurs im Umgang mit der Linkspartei gefunden hatte, und von einem ,,Befreiungsschlag". Beck hat es anders erlebt: als das Werk von Intriganten innerhalb der SPD. Beide Versionen stimmen. Beck hatte damals weder eine glückliche Hand noch die nötige Autorität auf Bundesebene, ist aber menschlich auf ähnlich schäbige Art und Weise behandelt worden wie heute Westerwelle. Fairness ist kein Begriff aus dem politischen Vokabular.

Isabell Funk, Chefredakteurin

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