Prinzipien gegen Pragmatismus

Wer in großem Stil Steuern hinterzieht und damit die Allgemeinheit schädigt, gehört bestraft. Das ist nicht nur gängige Meinung, das ist auch rechtsstaatliches Prinzip. Vorausgesetzt, der Steuerbetrüger wird erwischt.

Ob der Staat gestohlene Steuer-CDs kaufen und sich damit zum Hehler machen darf, ist dagegen rechtlich, politisch und gesellschaftlich heftig umstritten. Einige Länder, darunter auch Rheinland-Pfalz und zuletzt Nordrhein-Westfalen haben es bereits getan.
Das jetzt im Vermittlungsausschuss endgültig an Rot-Grün gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz wäre ein Kompromiss gewesen, mit dem endlich Rechtssicherheit hätte hergestellt werden können. Allerdings um den Preis, dass zwar für die letzten zehn Jahre eine Pauschalsteuer an den deutschen Fiskus hätte abgeführt werden müssen, die Schwarzgeldanleger aber anonym geblieben und somit straffrei ausgegangen wären. Die Regierung rechnete mit rund zehn Milliarden Euro Steuerrückflüssen.
Ab dem nächsten Jahr sollten dann Erträge genauso wie in Deutschland besteuert werden.Ein solches Abkommen hätte möglicherweise auch den Finanzplatz Luxemburg unter Zugzwang gesetzt, der in scharfer Konkurrenz zu den Schweizer Banken steht.
Jetzt ist alles wieder offen. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat bereits angekündigt, weitere Steuer-CD kaufen zu wollen. Auf diese Art und Weise mag man Steuerkriminelle nach dem Zufallsprinzip stellen. Aber eine befriedigende Lösung ist das nicht. Und ob die Schweiz sich auf Nachverhandlungen einlässt, wie vom rheinland-pfälzischen Finanzminister Carsten Kühl gefordert, ist auch deswegen ungewiss, weil sie sich gerade mit Großbritannien und Österreich auf ein ähnlich ausgestaltetes Abkommen verständigt hat. Auch mit Italien steht eine Einigung bevor. Da dürfte die Neigung, für Deutschland eine Extrawurst zu braten, eher gering sein.Die moralische Entrüstung der Opposition über Schwarzgeldanleger, die mit einem Abkommen zu billig davonkämen, ist nachvollziehbar. Aber sie ist, auch vor dem Hintergrund, dass Altfälle mit weiterem Zeitverzug verjähren, teuer erkauft. Isabell Funk, Chefredakteurin

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