Raus aus der Bütt, rein in die Bütt
Trier · Die ersten drei Monate in diesem Jahr versprechen hohen Unterhaltungswert. Denn wenn die Karnevalisten nach einer langen Session am 9. März ihre Narrenkappe wieder einmotten, drängen mit Macht die Politiker in die Bütt.
Viel Bundesprominenz hat sich vor den Landtagswahlen am 27. März angekündigt. Zwar ist die Wahlkampfmaschinerie längst angelaufen, aber mit Fastnacht kann hierzulande ja nicht einmal die erste politische Riege konkurrieren. Es bleiben also gerade mal zweieinhalb Wochen, um die Bürger in Wahlstimmung zu bringen. Dass die zurzeit eher missgelaunt sind, haben mittlerweile auch überregionale Zeitungen aufgegriffen. Von Rheinland-Filz ist die Rede und damit nicht nur die alleinregierende SPD gemeint mit ihren Affären um Nürburgring, Schlosshotel Bad Bergzabern oder mit einer vom obersten Gericht kassierten Personalentscheidung von Justizminister Heinz Georg Bamberger. Auch das Finanzdebakel der CDU und das monatelange Hickhack um den Eifeler Abgeordneten Michael Billen haben bundesweit für Negativschlagzeilen gesorgt. Dabei hassen die Bürger nichts mehr als Parteiengezänk, das regelmäßig im Vorfeld von Wahlen notwendige und ernsthafte politische Auseinandersetzungen zu ersetzen erscheint. Daher mag das Aufeinandereindreschen, wie wir es seit Wochen erleben, zwar die eigene, immer weiter schrumpfende Klientel bedienen. Und so ist denn auch die Wollust, mit der sich Wahlkämpfer auf die tatsächlichen oder vermeintlichen Fehler der jeweils anderen Seite stürzen, ungebrochen. Offenbar wird dabei aber niemals hinterfragt, inwieweit Rituale von gestern die Menschen von heute, und hier besonders die jüngeren, längst nicht mehr so bindungsfreudigen, überhaupt noch erreichen. Alle reden vom eigenen, besten aller möglichen Programme, versuchen es aber überwiegend durch die Diskreditierung der gegnerischen Lösungsmodelle zu legitimieren. Oder platter ausgedrückt: Effekthascherei und gut platzierte Schuldzuweisungen verdrängen in der öffentlichen Debatte Nachdenklichkeit und seriöse Argumente als stünde beispielsweise eine pointenreiche Rede oder ein schneidig vorgetragener Angriff bereits für eine solide Politik. So dürfen wir denn auch in der letzten Wahlkampfphase mehr Getöse als Substanz erwarten. Die Nachhaltigkeit, die gerade Politiker so gerne im Munde führen, setzt ausgerechnet da aus, wo es um Selbstdarstellung geht. Natürlich ist die Versuchung groß, mit flotten Sprüchen oder populistischen Gesten auf kürzestem Weg ein größeres Publikum zu erreichen, als dies mit der Darstellung schwieriger Entscheidungsprozesse möglich ist. Aber welche Halbwertzeit haben Sprechblasen auf Rednerbühnen, in Talkshows oder anderen politischen Schmalspurformaten? Diese Banalisierung der Politik beklagen zwar Politiker selbst, dennoch spielen alle mit. Dabei ist Politik harte Arbeit und selten vergnüglich. Wer aber selber dazu beiträgt, sie als geistiges Lightprodukt zu verkaufen, darf nicht darüber jammern, wenn ihr immer weniger Bedeutung zugemessen wird.