Jazzige Love Songs in neuen Versionen

Trier/Wittlich · Der US-amerikanische Pianist Marc Copland veröffentlicht mit ,,Some More Love Songs“ ein neues, sehr gefühlsbetontes Album. Die Scheibe mit sieben Liedern ist der Nachfolger der vielfach ausgezeichneten CD ,,Some Love Songs“ von 2005.

Vor sieben Jahren legte der Pianist Marc Copland - ebenfalls beim bayerischen Label Pirouet - sein von Kritik und Publikum hochgelobtes Album ,,Some Love Songs"vor. In derselben Besetzung wie 2005 - mit Drew Gress am Bass und Jochen Rueckert am Schlagzeug - hat der ,,Pianoflüsterer" auf seiner neuen CD ,,Some More Love Songs" (Gesamtspielzeit über 49 Minuten) wiederum sieben Liebeslieder rein instrumental eingespielt. Die Songs hätten ihn ausgesucht, nicht er sie, behauptet der 1948 geborene Amerikaner, der in der Jazzszene bis die Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zunächst als Spitzen-Altsaxofonist bekannt war, dann von der Bildfläche verschwand und 1985 als Pianist zurückkehrte: ,,Wenn ich das Gefühl übersetze, das ein Song in meinem Herzen auslöst, dann kommt es in einer musikalischen Form heraus, die sehr oft anders ist, als man den Song gemeinhin kennt - oder anders, als man ihn normalerweise spielt. Mein Herz und meine Ohren führen diesen kleinen Tanz auf und sagen mir dann, wie ich den Song spielen soll. Oder eben nicht spielen soll. Und ich tu einfach, was sie sagen. Das habe ich immer getan; alles andere fühlt sich nicht aufrichtig an." Selten hört man sonst in dieser Form die Entstehungsgeschichte eines Liedes.

,,Some More Love Songs" beginnt - wie schon 2005 der Vorgänger - mit einen Song der bekannten kanadischen Sängerin und Songschreiberin Joni Mitchell: diesmal das frühe, durch melancholische Eleganz glänzende ,,I Don´t Know Where I Stand". Bei diesem Lied über emotionale Gespaltenheit werden im Trio sehr eingehende ,,Melodiewendungen durch leise Echos in fremdartiger Tonalität" beantwortet. Es folgt Richard Rodgers‘ ,,My Funny Valentine", aber nicht, wie man es herkömmlich kennt, als lyrische Ballade, sondern schnell und eher forsch gespielt. So spiegeln bereits die beiden einführenden Titel das weit gefächerte Repertoire und den überraschenden musikalischen Reichtum dieses Albums. Weiter geht's mit Ron Carters ,,Eighty One" von 1965 (3), ursprünglich geschrieben für Miles Davis‘ Langspielplatte ,,E.S.P." mit Herbie Hancock. Das Copland-Trio ist hier äußerst funky, Copland selbst spielt - bei fast sechs Minuten Laufzeit des Stückes - das Thema ein einziges Mal, das Übrige ergeht sich in Anspielungen und Andeutungen. Sagenhaft!

Bemerkenswert auf der CD auch das bereits von vielen Musikern interpretierte ,,I've Got You Under My Skin" (5) von Cole Porter. Der Song ist bei Copland zum Beispiel weit entfernt von der kraftstrotzenden Aufnahme Frank Sinatras mit viel Big-Band-Power. In fast zehn Minuten Spielzeit entfaltet sich beim Copland-Trio eine umfangreiche Palette der unterschiedlichsten Empfindungsfarben. Auch eine fünfminütige Eigenkomposition hat der Pianist/Komponist mit ,,Rainbow‘s End" (4) unter seine Love Songs gemischt. Weiterhin enthält das Album mit ,,I Remember You" (6; von Victor Scherzinger) eine Version eines Songs des singenden Chet Baker, in dem dieser einen Mann vorstellt, der selbst den Engeln im Himmel noch von seiner großen Liebe vorschwärmt. Beschlossen wird ,,Some More Love Songs" mit Coplands Interpretation von Victor Youngs langsamer Ballade ,,When I Fall In Love" (7), die ansonsten vor allem in der Version Nat King Coles bekannt ist.

Hinzuweisen ist noch auf die Tatsache, dass Schlagzeuger Jochen Rueckert aus der Großregion stammt: Geboren wurde er 1975 in Düren/Eifel. Im Jahr 1995 zog er nach absolviertem Abschluss an der Hochschule für Musik Köln nach Brooklyn, wo er 1998 sein Debütalbum ,,Introduction" veröffentlichte.

Fazit: Ein sehr ansprechendes Album mit Love Songs, die Musikliebhaber von den reinen Titeln her zumeist gut zu kennen glauben. Coplands Werk bietet mit seinen Interpretationen jedoch viele Überraschungsmomente und somit neben Wiedererkennungseffekten auch sehr viel Neues. Jörg Lehn

Marc Copland: Some More Love Songs, Pirouet Records, PIT 3062, München 2012.

Marc Copland (piano) tritt am Sonntag, 29. April, 20 Uhr, gemeinsam mit dem bekannten Gitarristen John Abercrombie sowie Drew Gress (bass) und Joey Baron (drums) auf Einladung des Jazzclubs Wittlich im Hotel Lindenhof in Wittlich auf.

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