Konzert im Kloster - Kontrabassist Renaud García-Fons legt Live-Box vor

Trier · Der Franzose Renaud García-Fons gilt als Star unter den Kontrabassisten. Mit dem neuen Album "Solo – The Marcevol Concert“ erfüllt er sich seinen Traum, wieder eine CD als Solist einzuspielen. Doch damit nicht genug: 2011 trat García-Fons im Kloster Marcevol in den Pyrenäen auf. Dieses Konzert wurde nicht nur im Ton, sondern auch im Bild mitgeschnitten. Als CD-und-DVD-Doppelpack ist es jetzt beim Label Enja erschienen.

Der Kontrabass sei ,,ein rhythmisches Instrument, das man zum lyrischen Singen bringen kann!", schwärmt der Musiker mit spanisch-katalanischen Wurzeln, der sich in Jazz, Weltmusik und Klassik zu Hause fühlt. Der ,,Paganini des Kontrabasses" wird diesem Anspruch auch bei seinem Solo-Auftritt im Pyrenäen-Kloster (genauer in der Prioratskirche) Marcevol vollauf gerecht.

In seinen Eigenkompositionen erzielt García-Fons (geboren 1962 bei Paris) die oben angesprochene hohe gesangliche Qualität durch seine einzigartige Bogentechnik auf dem fünfsaitigen Kontrabass, dem er schon in den 80er Jahren eine sehr hohe Saite hinzugefügt hat und auf diese Weise Klänge zu erzeugen versteht, die der geschulte Hörer ansonsten eher einem Cello - oder auch einer Bratsche - zuordnen würde. "Der Beitrag von Renaud García-Fons auf dem Fünfsaiter übertrifft alles, was im Jazz bis dato ‚con arco‘ auf dem Kontrabass möglich schien", lobte Martin Kunzler schon in der 2002er Ausgabe des Jazz-Lexikons.

Der Kontrabassist García-Fons hat für die Aufnahmen zu ,,The Marcevol Concert" eigens digitale Loops vorab eingespielt, die er ganz bewusst als Klangfarben beim Konzert einsetzt. Das Solo-Versprechen der CD bricht er dadurch aber nicht: Denn es handele sich, erklärt er, um ,,Loops, die ausschließlich auf den Klängen des Kontrabasses basieren. Perkussiv, obertonreich", etwa rhythmische Geräusche oder auch Pizzicati, also Spielarten auf Streichinstrumenten, bei denen die Saiten nicht mit dem Bogen gestrichen, sondern mit den Fingern gezupft werden. Den rhythmischen Aspekt stellt García-Fons oft durch - auch auf der DVD immer wieder gut zu sehendem - Klopfen auf den Korpus des Basses heraus.

Die DVD (Gesamtlaufzeit 71 Minuten) ist zusätzlich zur 56 Minuten langen CD mit einem Interview mit englischen, deutschen und spanischen Untertiteln sowie einem Zusatztitel von 2007 ausgestattet und bietet zudem häufiges Nebeneinander- und Hintereinanderstellen von Filmsequenzen: Die Kamera schaut dabei Renaud García-Fons gleichsam ständig in einer Seitenapsis des Kirche über die Schulter. Beeindruckend auch die Innen- und Außenaufnahmen Marcevols (vor allem beim gleichnamigen Titel 4) sowie die eindrucksvollen Landschaftsbilder aus den französischen Pyrenäen.
Als Anspieltipps zu empfehlen: Zunächst der Opener ,,Palermo Notturno", bei dem García-Fons bereits viele der oben beschriebenen Spielarten zum Einsatz bringt. Dann das dem Kloster gewidmete ,,Marcevol" (4) mit den tollen Bildern zur Lokalität. Sodann das schnelle ,,Rock Wandering" (10) mit der anschließenden ,,Far Ballad" (11). Von Duett bis Tentett reicht die Bandbreite der Formationen, in denen García-Fons unter eigenem Namen aufgenommen hat.

Berühmte Musiker wie etwa Tubist Michel Godard oder Oud-Spieler und Komponist Rabih Abou-Khalil zählen zu seinen Kollegen. Sein erstes Solo-Album, ,,Légendes", öffnete García-Fons quasi 1992 die Türen zu seinem Label Enja.. Fazit: García-Fons' Live-Doppelpack ,,Solo - The Marcevol Concert" bietet keineswegs ein langatmiges oder eintöniges Programm, wie vielleicht manch einer voreingenommen bei einem Soloprojekt dieser Art erwarten würde. Vielmehr überrascht und überzeugt das Album des Kontrabass-Virtuosen mit einem vielfältigen und abwechslungsreichen Repertoire, das durch die DVD zusätzlich aufgelockert und zugleich erweitert wird.

Renaud García-Fons: Solo - The Marcevol Concert, CD + DVD, ENJ-9581 2, Enja, München 2012.

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