Musik Hommage für einen alten Freund

Die kanadische Jazz-Sängerin und -Pianistin Diana Krall präsentiert jetzt ihr bereits 15. Solo-Album. Es trägt den Titel „This Dream Of You“ und geht zurück auf Aufnahmen aus den Jahren 2016 und 2017 zusammen mit ihrem damaligen Produzenten (und auch guten Freund) Tommy LiPuma.

 Diana Krall - This Dream Of You

Diana Krall - This Dream Of You

Foto: Verve/Universal

Der verstarb kurz nach der Einspielung von Diana Kralls CD „Turn Up The Quiet“ 2017 im Alter von 80 Jahren. Beide hatten genügend Songs für einen weiteren Tonträger aufgenommen, den die Kanadierin jetzt veröffentlichte.

Doch „This Dream Of You“ (Gesamtspielzeit 50:50 Minuten) ist weit davon entfernt, ein Album mit aussortierten Titeln oder größtenteils unvollendeter Musik zu sein. Das neue Werk zeige ein anderes Bild von ihr. Das gehe vor allem darauf zurück, dass sie ihren Tonmeister Al Schmitt gebeten habe, die Aufnahmen in neuer Art und Weise abzumischen. Dianas Stimme klingt jetzt tatsächlich näher dran am Ohr des Hörers, geradezu als ob die Sängerin einem auf der Wohnzimmercouch gegenübersäße.

Dieser Effekt findet sich zudem beispielsweise beim Piano, der Gitarre und weiteren Instrumenten wieder. Das Album (insgesamt zwölf Titel) ist mit sehr unterschiedlichen Besetzungen aufgenommen worden: Die Bandbreite reicht von eher intimen Duo- über Trio-, Quartett-, Quintett- und Sextett-Einspielungen bis hin zu zwei Stücken mit Untermalung gar durch ein ganzes Orchester (Leitung: Alan Broadbent, der auch Piano spielt wie im schnellen „More Than You Know“, Titel 5, oder in „Don‘t Smoke In Bed“, 8, wenn sich Diana ausschließlich auf den Gesang konzentriert).

Wie schon auf den früheren Alben gefallen mir Dianas langsame, melodiösere Songs mit gehauchter, rauchiger Stimme auch auf dem neuen Album am besten. Los geht das schon mit der Eröffnungsnummer „But Beautiful“, einem alten Standard von Jimmy Van Heusen & Johnny Burke aus dem Jahr 1947 (Hit für Frank Sinatra!). Schon der Einstieg des Songs ist grandios. Weitere Höhepunkte des Albums sind ohne Zweifel die im Trio dargebotene Ballade „Autumn in New York“ (3) von Vernon Duke vom Jahr 1934 sowie der hier als Gypsy Swing gespielte Standard „Just You, Just Me“ (6) wohl von 1929, aus dem American Songbook. Fantastisch hier Stuart Duncans Fiddle-Solo.

Als überragend einstufen möchte ich den Titelsong „This Dream Of You“ (9), ein Stück von Bob Dylan aus dem Album „Together Through Life“ vom Jahr 2009. Das Stück wird auf Kralls neuem Tonträger quasi zur einfühlsamen Country-Ballade. Bemerkenswert ist am Rande, dass Tony Garnier auch schon bei Dylans Aufnahme den Bass gezupft hat. Irving Berlins Song „How Deep Is The Ocean“ (11) vom Jahr 1932 verändert Diana Krall zu einen Blues, ehe das Album mit „Singing In The Rain“ (12) von Arthur Freed und Nacio Herb Brown (1929) endet. Der Titel, vor allem bekannt durch Gene Kellys Tanzeinlage, strahlt eine gewisse Fröhlichkeit aus. Sicher nicht das Schlechteste in diesen Zeiten.

Insgesamt ein gelungenes neues Album von Diana Krall, das zum einen durch seine neue Aufnahmetechnik besticht, zum anderen eine Hommage an ihren langjährigen Weggefährten Tommy LiPuma (seit 1994) darstellt. Schade eigentlich nur, dass sich der kanadische Star ausschließlich alter, fremder Kompositionen bedient und nicht etwa – wie zum Beispiel 2004 bei „Girl In The Other Room“ – Eigenkompositionen anbietet. Jörg Lehn

Diana Krall: This Dream Of You, Verve/Universal 2020, CD: LC 00383, als CD, Vinyl-LP oder digital (MP3-Download) erhältlich.

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