REINGEHÖRT: "ËNN ËMM KLÆNEN DÒRF" VON WHY DIDN’T THEY ASK EVANS?

Die Band Why didn’t they ask Evans? hat ihren außergewöhnlichen Gruppennamen nach dem Titel eines Kriminalromans (1934) von Agatha Christie gewählt. Die fünfköpfige Gruppe spielt - vereinfacht gesagt - keltisch ausgerichteten Folkrock.

REINGEHÖRT: "ËNN ËMM KLÆNEN DÒRF" VON WHY DIDN’T THEY ASK EVANS?
Foto: (g_kultur

Jetzt legt die 2000 im Hochwaldort Hinzert (Kreis Trier-Saarburg) gegründete Formation eine kleine CD mit fünf Titeln in moselfränkischer Mundart vor (Gesamtspielzeit: 30 Minuten). Auf den Ort nimmt nicht nur der Titel des Albums Bezug, auch vier Lieder setzen sich mit Historie und Gegenwart der Hochwaldgemeinde auseinander. Zwei Musiker der Band stammen aus Hinzert. Die Eingangsnummer "Ënn ëmm klænen Dòrf", zugleich das Titelstück der CD, handelt von einem unangepassten jungen Mann, der von den Frauen im Dorf aber zum Ärger der übrigen männlichen Bewohner umso mehr Beachtung findet. Musikalisch untermalt von Tin Whistle, Gitarren, Bass und Schlagzeug macht das größtenteils schnelle Stück mit dem eingängigen Gesang von Stefan Backes Lust auf mehr. Stück zwei, "Dë Kròò Æltz"("Die Graue Eltz"), geht zurück auf eine alte Sage, die Sänger Stefan Backes als Kind von seinem Opa erzählt worden war. Es geht um einen großen Felsen im Wald, der der alten Erzählung nach eine versteinerte Hexe sein soll, die bei Gewitter mit Steinen nach dem nahen Ort werfe, um sich für "erlittenes Unrecht zu rächen". Der Mundartsong - mit dem eindringlichen Refrain "Mir hänn näischt gesëin, gehoat!" - zieht nach Angaben der Formation "Parallelen zur Gegenwart, es geht um die Angst vor dem Fremden, dem Anderen, vor dem, was wir nicht verstehen". Der schnelle Song mit dem unter die Haut gehenden Gesang besticht durch die bereits oben genannte Instrumentierung. "Fronnläischnamm", Titel drei, setzt sich mit einer fiktiven Situation zur Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Es kommt zu einer eigenartigen Begegnung von Gemeindemitgliedern, SS-Schergen und Häftlingen des nahe gelegenen Konzentrationslagers. Inspiriert ist die langsame melancholische Ballade von einem Gedicht des Österreichers Theodor Kramer, das 1986 von der Gruppe Zupfgeigenhansel vertont wurde. Auf dieser Komposition basiert die Version von Why didn't they ask Evans?, vor allem mit beeindruckendem Geigenspiel von Eva Marx. Das wiederum schnelle "Summer 27" rekurriert auf eine Begebenheit im Hinzerter Wald, als drei Kinder beim Pflücken von Heidelbeeren von einem Gewitter überrascht werden. Zwei von ihnen kommen unter einer Buche nach einem Blitzeinschlag ums Leben. Das Schlusslied "Off dærr Krænz" ("Auf der Grenze") dreht sich um den Punkt im Leben, an dem man glaubt, nach dessen Überschreiten sei nichts mehr wie zuvor. Die fünf Lieder auf "Ënn ëmm klænen Dòrf" sind über das Verbindende der Mundart und den Kristallisationspunkt Hinzert hinaus nicht nur beispielhaft für ein Dorf auf dem Hunsrück, sondern für alle ländlich geprägten Regionen bundesweit ... Why didn't they ask Evans? besteht aus den Brüdern Stefan und Ralph Backes (Gesang und Gitarren), die beiden gebürtigen Hinzerter sind auch Gründungsmitglieder der Formation. Von Stefan Backes stammen außerdem die Texte der Mundartlieder. Seit Beginn dabei ist zudem Martin Seimetz aus Beuren an Schlagzeug und Percussion. Die Saarländerin Eva Marx vervollständigt mit Gesang, Geige und Tin Whistle das Gesamtklangbild der Gruppe ebenso positiv wie der aus Toronto (Kanada) stammende Bassist Bruce O'Field. Gestaltet und designt hat das Album Ralph Backes mit einer Zeichnung von Bernhard Backes auf dem Cover. Die Bilder im Booklet stammen von Paul Schwarz, entnommen der "Geschichte der Pfarrei Beuren" von 1962, und Stefan Backes. Dem Booklet ist eine Übersetzung der mundartlichen Liedtexte ins Hochdeutsche beigegeben. Auch technisch ist die kleine CD ein Produkt der Region: Aufgenommen, gemixt und gemastert wurde das Album von Peter Schu, Alister Records, Leiwen. Jörg Lehn Why didn't they ask Evans?, "Ënn ëmm klænen Dòrf", Eigenverlag 2015. Erhältlich zum Preis von zehn Euro unter der E-MailAdresse stefan.backes@posteo.de

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