Wenn man sich nicht zu schützen weiß. Indem man in Säcke kriecht, die aus den Fellen von vor wenigen Tagen erlegten Büffeln zusammengeknüpft wurden. So verharren vier Männer im ranzig stinkenden Dunkeln, während über ihnen ein Schneesturm tobt. Darunter Will Andrews, 23 Jahre alt, Sohn eines Predigers, Harvard-Student. Ein Intellektueller mitten unter erfahrenen Jägern, rauen Männern auf der Jagd nach Büffeln, nach Fellen, nach Geld und Ruhm. Sie sind gierig nach mehr, so gierig, dass sie den Moment verpassen, rechtzeitig vor dem ersten Schnee aufzubrechen mit ihrer Beute, zurück nach Butcher's Crossing, jenem Städtchen in Kansas, aus dem sie im Spätsommer 1873 aufgebrochen waren. Bereits mit der Wiederentdeckung des Romans "Stoner" erlangte der 1994 verstorbene US-Amerikaner John Williams den Status eines Bestseller-Autors. Und auch "Butcher's Crossing", erstmals erschienen 1960, lebt von seiner unprätentiösen, direkten und detailgenauen Erzählweise. Faszinierend sind nicht nur die geradlinigen Beschreibungen von Landschaft und Menschen, sondern vor allem die Figur des Will, die, ähnlich wie schon die des William Stoner stets distanziert und passiv bleibt und deren Beweggründe und Antriebe dem Leser rätselhaft erscheinen. Warum hat sich Will dem Jagdtrupp angeschlossen? Was sucht er? Mitten in der Eiseskälte versucht Will, sich ein Bild von sich vor dem Aufbruch zu machen. Vergeblich: "Wenn er jetzt daran zurückdachte, sah er sich als einen unbestimmten Jemand, der nichts tat, der keine Identität besaß." Film- und Theaterschauspieler Johann von Bülow trägt diese idealistisch-sinnlos anmutende Suche nach einer Art Ursprünglichkeit, getrieben von einem eigentümlichen Selbstfindungsdrang, ruhig und unaufgeregt vor. Gern hätte man ihm länger zugehört. Schade, dass sich der Audio-Verlag für eine gekürzte Lesung entschieden hat. Ariane Arndt-Jakobs John Williams: "Butcher's Crossing"; gekürzte Lesung mit Johann von Bülow, 538 Minuten, Der Audio Verlag, 24,99 Euro.