Ruf doch mal an!

Politiker schwätzen, pardon, reden gerne. Sie suchen die Öffentlichkeit, denn sie wollen ja wiedergewählt werden. Doch das Meiste spielt sich im Verborgenen ab. Wenn zum Telefonhörer gegriffen wird, bekommt davon keiner etwas mit. Es sei denn, jemand wie Winfried Hetger wird angerufen.

Der Richter am Landgericht Koblenz führt den Vorsitz beim Nürburgring-Prozess. Diese Woche hat er in öffentlicher Verhandlung dem staunenden Publikum von einem Telefonat und einem Aktenvermerk erzählt, den er davon angefertigt hat.

Das Gespräch könnte etwa so angefangen haben: "Guten Tag, mein Name ist Jochen Hartloff. Ich bin der Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz und möchte gerne wissen, was ich als Zeuge aussagen soll." Offenbar fand der Richter den Anruf des obersten Dienstherren so bemerkenswert, dass er deshalb seinen Aktenvermerk schrieb. Vielleicht hat er an die Gewaltenteilung in Deutschland und an die Unabhängigkeit der Justiz gedacht.
Jochen Hartloff hat sich angeblich nichts dabei gedacht. Sein Sprecher Wahid Samimy teilt flugs mit, dem Minister sei zwar wie den anderen Zeugen zuvor der Beweisantrag zugegangen, doch sein Büro habe ihn verschlampt. Da habe der Minister eben den Richter angerufen. Kein Grund zur Panik, meint Samimy.

Politisch stößt der Vorfall schnell auf ein Echo. "Ungeschickt", raunen Sozialdemokraten und Grüne. "Unerhört", poltert die CDU. Die Opposition will im Rechtsausschuss nachfassen.

Derweil überlegt der geneigte Beobachter, ob der Justizminister wohl dieser Tage auch einen Mann namens Hubert Ströber angerufen hat, um ihm zur Beförderung zu gratulieren. Ströber ist Staatsanwalt in Landau und soll im August Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal werden.

Bestimmt ist der Strafverfolger ein exzellenter Jurist. Bewiesen hat er das etwa mit seinem Eifer, den er jahrelang in Landau im Ermittlungsverfahren gegen den Eifeler CDU-Abgeordneten Michael Billen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats zeigte. Nach Billens Freispruch im Prozess in Landau legte Hubert Ströber erfolgreich Revision vor dem Bundesgerichtshof ein. Jetzt dürfte er jubilieren, denn als künftiger Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal bekommt er es wieder mit dem Fall Billen zu tun. Dorthin hat der Bundesgerichtshof das Verfahren verwiesen - vor einem halben Jahr.

Seitdem ist nichts Sichtbares passiert. So kann Hubert Ströber ab August als Beförderter erneut seinen Feuereifer entfalten.

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