Trierisch Balaawern

Ein kürzlicher Besuch im Volkskundemuseum Roscheider Hof führte mich auch zu einer liebevoll eingerichteten Küche aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Da konnte ich den freudigen Aufschrei "Datt hadde mir jao friejer alles selwer der-haam!" nicht unterdrücken.

 Mundartexperte Horst Schmitt.

Mundartexperte Horst Schmitt.

Foto: (h_lalu )

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sahen wohl alle Küchen noch so oder so ähnlich aus. Später wurde dann alles sehr schnell gegen Modernes ausgetauscht. Aber hier sah es noch aus, wie ich es aus meiner Kindheit in Erinnerung habe: Dän Oowen (in Trier heißt es Ofen, wenn der Herd gemeint ist) weiß emailleert mött verkromde Fieß, links zwei Dieren überein-ander, Feijerlaoch und Äsche-kasden, daneben dä Baggoowen und rechts oben datt Waaser-schöffji, dahinter ett Ooweroor. Dä Schrangk, Schaaf oder Schanngk mit Unter- und auf-gestütztem Oberteil, oben mit verglasten Türen (bei uns da-heim mött Gardeinscher), im Raum zwischen Ober- und Unterteil Platz zum Abstellen, z. B. für den Brudkasden (Brotkasten, nicht Brutkasten), Döbbscher für Gewürze, Mossder- und Schmanddöbben (Senf- und Rahmtopf), und allerhand sonstigen Tuddlabuddig (toute-la-boutique = Kram). Der Schrank enthielt neben den Telleren und Taaßen auch Döbben (Töpfe), den Bräder (Schmortopf), Seijer (Siebe), Pannen (Pfannen), Kasseröllscher (Stieltöpfe) und in den Schubladen außer dem Bestägg auch noch Stammber und Tingkerd (Stampfer), en Boll (Schöpfkelle), en Rabb (Reibe), und Kneibscher (Küchenmesser) unterschiedlicher Größe. In die Küche gehörten natür-lich auch Dösch und Stiel, denn sie war gleichzeitig der wich-tigste Wohnraum. Bei meiner Großmutter stand sogar ein Schässlong drin. Und es gab an der Wand en Kaffimill und en Auer (Uhr) mit Perbendiggel (Pendel). Schön gemütlich war es da. Jedenfalls gemütlicher als heute, wo manche Küchen den Charme eines Chemielabors besitzen. Horst Schmitt ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Josef Marx hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen. Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" Besonderheiten der Trierer Mundart.

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