Die Kulturwoche, betrachtet von Rainer Nolden Grund zur Freude, Grund zum Grübeln

Dreigeteilter Jubel im Elsass: Die Opéra national du Rhin mit Spielstätten in Straßburg, Colmar und Mülhausen ist von Kritikern zum „Opernhaus des Jahres“ gewählt worden. In einer Umfrage der Zeitschrift „Opernwelt“ unter 50 Musikjournalisten bekam das Haus die meiste Zustimmung, wie das Magazin mitteilte.

 Joana Mallwitz wurde von der Zeitschrift „Opernwelt“ zur „Dirigentin des Jahres“ gewählt. Auf diesem Foto leitet sie das Bayerische Staatsorchester, inzwischen ist sie Musikchefin am Staatstheater Nürnberg.

Joana Mallwitz wurde von der Zeitschrift „Opernwelt“ zur „Dirigentin des Jahres“ gewählt. Auf diesem Foto leitet sie das Bayerische Staatsorchester, inzwischen ist sie Musikchefin am Staatstheater Nürnberg.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Das Opernhaus errege „durch Entdeckerfreude, originelle Programme, vorbildliche Repertoirepflege sowie kreativen Esprit“ Aufsehen. Sein Profil verdanke es maßgeblich „dem Ideenreichtum, Teamgeist und Weltbürgertum“ der Intendantin Eva Kleinitz, die vor kurzem mit 47 Jahren gestorben ist. Die Würdigung der Oper werde so auch „zu einer Hommage an die Persönlichkeit, die deren Höhenflug steuerte“. Damit gewann nach Lyon zum zweiten Mal eine französische Kompanie den Titel.

Aber auch andere Häuser beziehungsweise Menschen, die darin arbeiten, haben Grund zur Freude.  Als beste Aufführung wurde die „Salome“-Produktion der Salzburger Festspiele ausgewählt. Zwei Mitwirkende dürfen aufs Siegertreppchen steigen: der Italiener Romeo Castellucci als bester Regisseur und Bühnenbildner des Jahres, die litauische Sopranistin Asmik Grigorian in der Titelrolle als „Sängerin des Jahres“. „Dirigentin des Jahres“ wird Joana Mallwitz, die neue Musikchefin am Staatstheater Nürnberg. Die 33-Jährige habe das Kunststück vollbracht, „binnen kürzester Zeit Musiker, Publikum und Kritik zu begeistern, unter anderem mit Prokofjews selten gespielter Tolstoi-Oper ,Krieg und Frieden‘ und Wagners ,Lohengrin‘“, hieß es in der Laudatio.

„Rechte Hetze und Rechtsextremismus müssen wir bekämpfen. Wir müssen klare Kante zeigen, das finde ich ganz wichtig. Auch der Staat muss noch stärker Grenzen setzen“, sagt die Theaterregisseurin Karen Breece. Und hat ihren Beitrag dazu mit einem Theaterstück geleistet, das heute Abend in der neuen Spielstätte des Berliner Ensembles (BE) uraufgeführt wird. In ihrem Stück „Mütter und Söhne“ will sie sich mit politischer Radikalisierung auseinandersetzen – und mit der Frage, wie man damit umgeht, wenn ein Familienmitglied in extreme Kreise gerät.

 Im Neuen Haus des Berliner Ensembles proben Corinna Kirchhoff und Nico Holonics eine Szene des Stücks „Mütter und Söhne“. Heute ist Premiere.

Im Neuen Haus des Berliner Ensembles proben Corinna Kirchhoff und Nico Holonics eine Szene des Stücks „Mütter und Söhne“. Heute ist Premiere.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Für ihre Recherche hat sich Breece mit Müttern unterhalten, deren Söhne rechtsextrem waren oder es noch sind. Die Frauen zu finden sei eine große Herausforderung gewesen. Die meisten hätten Angst, fühlten sich bedroht. „Sie ziehen sich zurück oder haben auf ihre Art und Weise mit der Vergangenheit abgeschlossen“, sagte Breece, die allerdings auch vorschlägt, die Tür – auch wenn es nur einen Spalt bedeutet – nicht komplett zuzuschlagen. „Und zwar für diejenigen, die man damit wieder in die politische Mitte zurückholen kann.“ Ein Grund, das Theaterstück zu machen, sei natürlich die aktuelle politische Situation gewesen – und die besorgniserregenden Wahlerfolge der AfD. Wenn man sich die anschaue, „muss man sich die Frage stellen: Warum sind so viele Wähler von den anderen Parteien abgewandert? Und ist AfD-Wählern bewusst, wen sie mit ihrer Stimme unterstützen?“ Vielleicht kann sich das BE dazu durchringen, AfD-Mitgliedern und -Anhängern Freikarten zu spendieren – damit die mal ins Grübeln geraten … no/dpa

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