Kolumne Unterm Strich - die Kulturwoche Fahnen ohne Patriotismus

Eigentlich müsste er der Künstler-Darling der derzeitigen US-Regierung sein: Jasper Johns, dessen Lieblingsmotiv die „Stars und Stripes“ waren, die amerikanische Flagge, die er in unzähligen Varianten gemalt hat.

 Ein Mann betrachtet in einer Ausstellung im spanischen Valencia das Werk „Flaggen“ von Jasper Johns.

Ein Mann betrachtet in einer Ausstellung im spanischen Valencia das Werk „Flaggen“ von Jasper Johns.

Foto: picture alliance / dpa/Juan Carlos Cardenas

Seinen 90. Geburtstag, den er heute begehen kann, wollen gleich zwei Museen feiern. „Die radikale und innovative Kunst von Jasper Johns beeinflusst die Künstler von heute weiter wie nur wenige andere“, heißt es vom New Yorker Whitney Museum und dem Philadelphia Museum of Art, wo die Ausstellung am 28. Oktober eröffnen sollte.

Doch die Corona-Krise hat auch diese Pläne durcheinandergebracht. Die genauen Daten zur Ausstellung „Jasper Johns: Mind/Mirror“ würden nun zu einem späteren Zeitpunkt verkündet, heißt es inzwischen auf der Webseite des Whitney Museums.

Johns, 1930 in Georgia geboren, flüchtete nach ziemlich desolater Kindheit und Jugend Anfang der  50er Jahre nach New York. „Ich war nicht abenteuerlustig. Ich hatte eine Art formloser Existenz, in der ich immer Künstler sein wollte, aber ich hatte nicht viel Ausbildung. Ich hatte keinen Kontakt mit Menschen, die Künstler waren.“ Im „Big Apple“ lernte er sie dann kennen: den Komponisten John Cage, den Tänzer Merce Cunningham und insbesondere den Künstler Robert Rauschenberg. Der machte ihn mit dem New Yorker Galeristen Leo Castelli bekannt, und er bot Johns sofort eine Einzelausstellung an. Da hatte der gerade die heute so ikonischen amerikanischen Flaggen gemalt – mit in Wachs gelösten Pigmenten auf Collagen aus Zeitungspapier – und wurde somit fast nebenbei zum Wegbereiter der Pop-Art.

Das MoMA kaufte gleich mehrere Werke. Aber – nimm das, du „Präsident!“ – eine patriotische Aussage seien die Fahnen nie gewesen, stellte der Künstler später klar. Es kam ihm halt gelegen, denn: „Ich musste das Motiv nicht mehr entwerfen.“ Nicht erst seit Corona übrigens, sondern schon seit Jahren betreibt Johns „social distancing“: Er lebt alleine und zurückgezogen auf seinem Anwesen im US-Bundesstaat Connecticut. „Ich gehe nirgendwo mehr hin“, verriet er neulich der New York Times. Aber er arbeite weiter jeden Tag – 90 ist ja schließlich kein Alter –, auch wenn er noch nie gerne über die Bedeutung seiner Bilder gesprochen habe. Denn die solle jeder für sich selbst herausfinden. no/dpa

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