Die Kulturwoche, betrachtet von Rainer Nolden Nostalgie und Nager

Altmodisch kann ja ganz nett sein. Die Schauspielerin Phyllis Logan, bekannt aus der britischen Serie „Downton Abbey“, bezeichnet sich so. Sie würde nicht viel vermissen, wenn sie Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt hätte, zu jener Zeit also, in der die Serie spielt, von der ein Film nun in die Kinos kommt.

 Schauspielerin Phyllis Logan gesteht vor dem Start des Kinofilms „Downton Abbey“: „Ich hätte vor 100 Jahren nicht viel vermisst.“

Schauspielerin Phyllis Logan gesteht vor dem Start des Kinofilms „Downton Abbey“: „Ich hätte vor 100 Jahren nicht viel vermisst.“

Foto: dpa/Christian Charisius

Aber die meisten von uns würden bestimmt was vermissen. Beispielsweise die Betäubungsspritze bei einer Wurzelbehandlung. Oder den Warmwasserhahn im Badezimmer. Um nur zwei Annehmlichkeiten zu nennen, auf die heute wohl niemand mehr verzichten möchte. Und mal ehrlich: Handy und Internet, die so viele Menschen verteufeln und eifrig nutzen, wollen wir doch eigentlich auch nicht mehr nicht in der Tasche oder im Arbeitszimmer haben. Gut möglich allerdings, dass Miss Logan mit ihren 63 Jahren noch viel zu jung ist, um sich der Tragweite ihres Wunsches bewusst zu sein. Denn auf der „Früher-war-alles-besser“-Welle schwimmt in der Regel doch nur die Generation 90+. Und auch nur dann, wenn bloß noch das Langzeitgedächtnis funktioniert.

Ob Einzelkinder sich mehr langweilen als Geschwisterkinder, sei dahingestellt. Natürlich lässt es sich wunderbar mit der/dem kleineren/größeren Schwester/Bruder spielen, aber auch der Zoff steht immer kurz vorm Ausbrechen. Es gibt allerdings auch Spielkameraden, mit denen man sich garantiert nicht streitet und auf die man auch nicht eifersüchtig sein muss. Und vice versa. Und das sind – Ratten. Klar, mancher muss erst seinen Ekel überwinden, ehe er mit einem solchen Tierchen herumtollt. Aber dann kann man sie auch durchaus putzig finden. Wissenschaftler haben nämlich entdeckt, dass Verstecken spielen nicht nur bei Menschen, sondern auch bei den Nagern beliebt ist. Sie scheinen das weltbekannte Kinderspiel sehr zu schätzen, wie eine Studie von Berliner Forschern des Bernstein Center for Computational Neuroscience an der Humboldt-Universität zu Berlin herausgefunden hat. Die Nager lernten die Regeln demnach schnell und konnten mühelos zwischen der Rolle des Suchers und des Versteckten wechseln. Zudem machten sie den Eindruck, dass ihnen das Spiel Spaß macht, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Science. Ihre Ergebnisse ließen vermuten, dass dieses Spiel seine Anfänge schon sehr früh in der Evolutionsgeschichte hat. Auch andere Tiere spielen insgesamt gern und empfinden wahrscheinlich wie wir Menschen Spaß dabei.

Das ist doch ein vielversprechender Anfang. Vielleicht gelingt es den Murinaeologen eines Tages, den Tierchen auch Mensch-ärgere-dich-nicht oder Canasta beizubringen. Denn immer nur Verstecken spielen ist auf die Dauer doch ziemlich langweilig – auch für die anspruchsloseste Ratte. no/dpa

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