Selbstkritik, viel Musik im Revier und Tannhäuser bei Ebay

Unterm Strich – Die Kulturwoche

 Christa Weber

Christa Weber

Foto: Klaus Kimmling

In Venedig hat diese Woche das 71. Filmfestival begonnen. Jurypräsident Alexandre Desplat, französischer Filmmusikkomponist, will "neue Filme, neue Themen, neue Gesichter entdecken". Der Eröffnungsfilm "Birdman" dürfte ihm gefallen haben. Die schwarze Komödie von Regisseur Alejandro González Iñárritu mit Michael Keaton, Edward Norton und Emma Stone in den Hauptrollen nimmt den permanenten Kampf um Ruhm und Aufmerksamkeit im Hollywood- und Broadway-Milieu auseinander.

Ein selbstkritischer Blick eines Filmschaffenden auf die eigene Branche - das könnte auch beim deutschen Kinopublikum punkten. Das ist dem Kinosaal in der ersten Jahreshälfte offenbar häufiger ferngeblieben. Und wer war schuld? Angeblich die Fußball-Weltmeisterschaft. Die soll laut der Filmförderungsanstalt FFA das Geschäft verhagelt haben. Bei 56,3 Millionen Besuchern seien im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres 6,4 Millionen Kinokarten weniger (minus 10,2 Prozent) verkauft worden, hieß es. Auch der Umsatz sei um 9,2 Prozent gesunken. Die gute Nachricht: Sofort nach der WM ging's mit den Zahlen wieder bergauf.

Bergab geht es dagegen - glaubt man einigen Kritikern - auf dem Grünen Hügel. "Ich glaube, es ist vorbei mit Bayreuth", hat etwa der frühere Heldentenor René Kollo dem SZ-Magazin gesagt. Und tatsächlich fürchtet so mancher um die Exklusivität der Wagner-Festspiele, deren aktuelle Spielzeit am Donnerstag endete. Bei Ebay gab es bezahlbare Tickets, beim "Tannhäuser" eine historische Aufzugpanne, die Hotels waren nicht ausgebucht. Die Promis kamen nicht mehr in Scharen, selbst die Kanzlerin schwänzte die Eröffnung, Sänger wurden ausgebuht - es gab schon einige Anlässe für weniger erfreuliche Schlagzeilen. Einen richtigen Publikumsrenner gab es auch nicht. Immerhin, ein Lichtblick für Gegner des verhassten Biogasanlagen-"Tannhäuser": Der fliegt nächstes Jahr definitiv vom Spielplan.

Eine Tradition, die offenbar noch lange nicht überholt ist, ist der "Day of Song". Ins Leben gerufen wurde das Gesangsprojekt zum Mitmachen 2010, als das Ruhrgebiet europäische Kulturhauptstadt war. Jetzt singen am 27. September erneut 30.000 Sänger gleichzeitig bei Veranstaltungen in 50 Städten - von "We are the world" bis zum osmanischen Volkslied. Parallel gibt es 400 Konzerte und Chorauftritte im ganzen Revier.

Gemeinsam sind wir stark - das gilt wohl auch für den deutschen Buchhandel, der in dieser Woche auch Schützenhilfe von der Politik bekam. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will die Händler im Kampf gegen den Onlineriesen Amazon unterstützen. Dafür soll ab 2015 ein Preis für unabhängige, inhabergeführte Buchhandlungen vergeben werden, dotiert mit insgesamt rund einer Million Euro. So manchen kleinen Buchhändler wird das sicher freuen. Christa Weber

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